Wülfrath Klinik Aprath: Ruine statt Zauberberg

Wülfrath · Die einstige Heilstätte verfällt seit Jahren, und niemanden kümmert es. Ein niederländischer Investor wollte eine Luxus-Klinik bauen. Das Projekt starb, nun will er Immobilie und Grundstück so schnell wie möglich loswerden.

 104 Jahre nach ihrer Eröffnung verfällt die Klinik Aprath mehr und mehr. Nun soll sie im Sommer abgerissen werden.

104 Jahre nach ihrer Eröffnung verfällt die Klinik Aprath mehr und mehr. Nun soll sie im Sommer abgerissen werden.

Foto: Dietrich Janicki

Träume wachsen schnell. Vor einigen Jahre sollte das einstige Klinikum Aprath nach den Plänen niederländischer Finanzinvestoren zu einer Luxus-Klinik mit Sanatorium umgebaut werden. Kein Traum war zu klein: Reiche aus aller Welt sollten auf dem kleinen Fleckchen Wülfrath zur Behandlung ihrer Malaisen einfliegen, möglichst noch auf einem kleinen angrenzenden Flugplatz, der im Gespräch war. Top-Behandlung mit Top-Ärzten zu Top-Preisen: Auch für die Wülfrather Wirtschaft wäre sicherlich ein Brocken Wohlstand abgefallen.

Das Projekt starb so schnell, wie sich jetzt der Traum vom Medizin-High-Tech-Standort in der Kalkstadt verflüchtigt hat. Der einstige Traum vergammelt mittlerweile als Ruine. Niemand kümmert sich um das Areal. Die Eigentümer tun ihrer Verpflichtung Genüge, das Grundstück und die Häuser mit Zäunen abzusperren. Der Hinweis: "Betreten verboten. Lebensgefahr" soll abschrecken. Tut er aber nicht. Am Wochenende zündeten Brandstifter wieder einmal, wie schon öfter in der Vergangenheit, Inventar oder Unrat an. Die Feuerwehr löscht, die Täter sind meist weg, den Eigentümer stört es nicht wirklich, denn er hat keinen Schaden.

Doch damit soll im Sommer endgültig Schluss sein. Die Unterdüssel GmbH, eine Tochterfirma der holländischen Muttergesellschaft, hat eine Abrissgenehmigung und will "spätestens im Sommer beginnen, die Gebäude abreißen zu lassen", sagt Geschäftsführer Michael Kaufmann. Ist das Areal dann irgendwann platt, hofft man einen Käufer zu finden.

 In vielen Räumen stapeln sich Schrott und Unrat.

In vielen Räumen stapeln sich Schrott und Unrat.

Foto: Janicki, Dietrich (jd-)

Der große Stolz der Bauherren Anfang des 20 Jahrhunderts wäre endgültig Geschichte. 1910 wurde die Klinik Aprath für Tuberkulosekranke mit 100 Betten eröffnet. Baukosten: 510 000 Mark. Drei Jahre später wurden immer mehr Kinder aufgenommen, so dass sich die Klinik zur Kinderheilstätte entwickelte. 1927 eröffnete man das Haus II für Jugendliche mit besonders ansteckender Tuberkulose, 1930 den Kinderpavillon und das Infektionshaus 1936. Ebenso entstanden Krankenhallen und Schulgebäude. Eine Art Zauberberg wie in dem berühmten Roman von Thomas Mann, in dem er die Welt in einem Sanatorium in Davos erzählt.

1945 wurde die Klinik bei einem Bombenangriff schwer getroffen. In den Folgejahren entstand beim Wiederaufbau auch ein zusätzliches Schwesternwohnheim und ein exzellent eingerichtetes Labor. Als die Anzahl der Tuberkuloseerkrankungen in den Nachkriegsjahren abnahm, baute man Aprath zu einem pneumologischen Fachkrankenhaus aus. 1977/78 errichtete man ein Seniorenheim für schwere und schwerste Pflege.

2006 war Schluss. Nach Insolvenzen, Gerichtsverfahren und Investitionsstau musste die Klinik den Pflegebetrieb endgültig einstellen. Der niederländische Investor, der mit seinen Privatklinik-Plänen noch einmal die Hoffnung auf ein gutes Ende in Aprath keimen ließ, erfüllten sich nicht. Zu teuer, zu wenig wirtschaftliche Erfolgsaussichten.

Es kam, wie es kommen musste: Das 21-Hektar Areal blieb sich selbst überlassen und verrottete. Schlimm sieht es aus in den Räumen und Gängen des toten Gebäudes: eingeschlagene Fenster, aufgebrochene Türen, Müll, Dreck, rote Farbspritzer und -sauereien an Wänden und auf den Böden. Diese gespenstische Szenerie zieht nachts und an Wochenenden immer wieder Menschen an, die dort ihr Unwesen treiben — und manchmal Müll anzünden oder randalieren.

Der Eigentümer im Nachbarland hat nach einem Gesellschafterwechsel nun genug. Seit 2012 existiert eine Abrissgenehmigung, sagt Kaufmann. Und die soll jetzt vollzogen werden. Das wird aber noch Probleme bereiten, denn das Gelände ist mit Versorgungsleitungen durchzogen und kann manche Überraschung bergen, sagt Kaufmann. Die Kosten sind zudem immens. Bis zu 1,6 Millionen Euro kalkuliert er. Ein Batzen Geld, der beim späteren Verkauf des Geländes wohl "eingepreist" werden soll.

Ein weiterer Punkt, der es nicht leichter macht. Doch die niederländischen Investoren scheinen endgültig genug zu haben von dem Stückchen Wülfrath, das immer weiter verfällt. "Während der Abrissarbeiten wird weiter nach jemandem gesucht werden, der das gesamte Objekt übernimmt und weiter entwickelt bzw. verwertet", heißt es in einem Brief der Unterdüssel GmbH an Geschäftsfreunde. Ist abgerissen, könnte das Areal auch als einfaches Land verkauft werden — ohne weitere gewerbliche Nutzung, schließt Kaufmann nicht aus.

Das hieße: Schlussendlich könnte die ehemalige Klinik nicht nur dem Erdboden gleich gemacht sein. Sie wäre nur noch Land, Erde, Fläche. Nichts mehr.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort