Meerbusch Gumpertzhof - die Keimzelle Osteraths

Meerbusch · Wenn am Samstag die neue Rossmannfiliale im Schatten von St. Nikolaus eröffnet wird, erinnern sich viele Osterather an den Gumpertzhof, der dort gestanden hat. Die bewegte Geschichte kennen nur wenige.

 Das abgerissene Hauptgebäude ist in der Ecke links hinten. Geradeaus das Haus könnte das ursprüngliche Hauptgebäude gewesen sein.

Das abgerissene Hauptgebäude ist in der Ecke links hinten. Geradeaus das Haus könnte das ursprüngliche Hauptgebäude gewesen sein.

Foto: stadtarchiv

Die Hofstelle selbst dürfte so alt wie Osterath selbst sein, denn Historiker gehen davon aus, dass der Gumpertzhof zusammen mit dem benachbarten Plöneshof die Keimzelle des Dorfes gewesen ist. Die unmittelbar nebenan liegende Kirche findet sich auch im Namen des ersten bekannten Besitzers wieder. Um 1570 lebt hier Andreas zur Kirchen. Viele Güter im Gebiet von Meerbusch wurde in dieser Zeit von wohlhabenden Neusser Bürgern als Wertanlage erworben und anschließend verpachtet.

 Ein Bild aus den 50er Jahren: Der Gumpertzhof ist hinter der Kirche zu sehen, das Wohnhaus durch Bäume verdeckt. Hinter dem Hof beginnen Weiden und Gärten.

Ein Bild aus den 50er Jahren: Der Gumpertzhof ist hinter der Kirche zu sehen, das Wohnhaus durch Bäume verdeckt. Hinter dem Hof beginnen Weiden und Gärten.

Foto: Stadtarchiv

So ist 1613 der Neusser Bürgermeister Andreas Gumperts Besitzer des Hofes, den er ganz sicher nicht selbst bewirtschaften konnte. In den folgenden 150 Jahren bleibt diese Familie im Besitz des Osterather Hofes, der stolze 90 Morgen Land umfasste. Im 30-jährigen Krieg erlebte der Hof den Brand der Pfarrkirche und die abenteuerliche Flucht des Pastors Gerhard Vinhoven, der sich aus dem Turm abseilte und im mit Brennnesseln übersähten Garten des Gumpertzhofes tagelang versteckt hielt. Aus ganz Osterath waren die Bewohner geflohen und kamen monatelang nicht zurück.

Noch vor 1677 tritt ein Sohn der Neusser Eigentümer, Michael Gumpertz, in den Dominikanerorden ein. Dadurch erhält das Kölner Kloster den halben Hof als Mitgift. 1677 erwirbt Gumpertz auch den restlichen Hof von seinen Verwandten und schenkt diese Hälfte dem Kloster, dessen Prior er mittlerweile geworden ist. Die Dominikaner behalten den Hof bis zur Franzosenzeit. Pächter sind 1783 Peter und Elsken Gumpertz, die wohl diesen Namen angenommen haben - eine verbreitete Sitte, die es Historikern und Ahnenforschern heute schwer macht. 1723 nimmt Heinrich Kreuel als Pächter den Namen Gumpertz an. Sein Schwiegersohn Mathias Velder übernimmt den Hof spätestens 1727 und hält ihn über 40 Jahre als Pächter. Er wird Gerichtsschöffe zu Linn, engagiert sich als Kirchmeister und Provisor der Pfarre in deren Finanzwesen und fungiert zugleich als Ortsvorsteher von Osterath. Als schillernde Persönlichkeit ist er zwischen 1736 und 1760 gleich viermal Schützenkönig der Sebastianus-Bruderschaft. Sein Sohn Johann wird übrigens ebenfalls Prior des Kölner Dominikanerklosters, während dessen Bruder Mauritius die Landwirtschaft übernimmt. Als 1801/02 der Gumpertzhof in der Säkularisation von der Französischen Republik enteignet wird - der Rhein war Staatsgrenze zwischen Frankreich und Deutschland geworden - gelingt es Velders Witwe Maria Katharina Josefa Wittgens, den Gumpertzhof für die stolze Summe von 13.800 Francs zu kaufen. Mit der Klosteraufhebung war übrigens auch Sohn Johann wieder auf den Osterather Hof zurückgekehrt.

 Eine andere Sicht auf den Hof, der hinter der Kirche liegt.

Eine andere Sicht auf den Hof, der hinter der Kirche liegt.

Foto: stadtarchiv

1822 übernimmt Caspar Velder die elterliche Landwirtschaft, die von ihm sein Neffe Heinrich Leonhard Ackers erbt. Der lässt 1853 neue Wirtschaftsgebäude errichten, 1899 folgt ein weiterer Ausbau unter Hoferbin Henriette Ackers und ihrem Mann Franz Scherer. Die Besitzer gehören um 1900 zu den wohlhabendsten Osterathern und lassen 1906 ein standesgemäßes und modernes Wohngebäude errichten, das Anfang der 1960er Jahre von Ulla und Joseph Schumeckers erneut umgebaut wird. Weiße Marmorplatten verbergen fortan den Backstein und ein Flachdach verändert die Optik. Die Wirtschaftsgebäude weichen 1964 einem Wohn- und Geschäftszentrum.

 So sieht der Neubau aus, den Immobilienbesitzer Peter Soliman verwirklicht hat. Dort wird am Wochenende ein Drogeriemarkt eröffnet.

So sieht der Neubau aus, den Immobilienbesitzer Peter Soliman verwirklicht hat. Dort wird am Wochenende ein Drogeriemarkt eröffnet.

Foto: Orthen

Während die moderne Bebauung noch existiert, hat der neue Eigentümer Peter Soliman das alte Wohnhaus abreißen und einen Neubau errichten lassen, in dem nun am Wochenende der Drogeriemarkt Rossmann eröffnen wird und das Ortszentrum von Osterath beleben soll. An der Hausfront soll eine vom Geschichtsverein Meerbusch erarbeitete Tafel an die Geschichte des Gumpertzhofes erinnern.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort