Leichtathletik Esser spricht über Olympia-Aus

Leichtathletik · "Es war die schwierigste Entscheidung meiner Laufbahn", sagt Hammerwerfer Markus Esser zum Verzicht auf die Olympischen Spiele in London. Im Urlaub lässt er nun Körper und Seele baumeln. Denn er will noch mindestens zwei Jahre werfen. Und danach vielleicht als Trainer arbeiten.

 "Das Schlimme ist: Olympia ist überall präsent. Deshalb bin ich sehr froh, dass ich nächste Woche in Urlaub fahren und abschalten kann", sagt Markus Esser.

"Das Schlimme ist: Olympia ist überall präsent. Deshalb bin ich sehr froh, dass ich nächste Woche in Urlaub fahren und abschalten kann", sagt Markus Esser.

Foto: Uwe Miserius, dpa (2)

Ein Anruf genügte. Und plötzlich stand Markus Esser "vor der schwierigsten Entscheidung meines Sportlerlebens", wie er sagt. Vor einer Woche hatte ihm der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) signalisiert, er werde ihn auch ohne Olympia-Norm für die Spiele in London nominieren. Esser musste abwägen — zwischen dem Traum von Olympia und der eigenen Gesundheit, an der eine Schambeinentzündung nachhaltig nagt. Er entschied sich gegen den Traum.

"Zu wissen, man fährt nicht mit, weil man die Norm nicht geworfen hat, damit kann man sich abfinden. Aber die Entscheidung mir zu überlassen, das war schon schwer für mich", sagt Esser. "Ich habe eigentlich schon das ganze Jahr meine Wettkämpfe mit der Verletzung bestritten. Aber nachdem die Würfe bei der EM in Helsinki die schmerzvollsten waren, die ich bislang hatte, war für mich klar: Es kann nicht gehen, ich kann mich nicht auf Olympia vorbereiten. Vielleicht hat mein Körper mir einfach ein Signal gegeben, dass es Zeit wird, eine Pause einzulegen."

Esser sitzt auf der Tribüne der Jacobi-Anlage in Manfort. Nebenan trainieren die Sprinter mit Gewichtsschlitten. Esser hat seit einer Woche gar nicht trainiert. Nicht mal eine Hantelstange hochgehoben. "Gestern war ich mit meiner Tochter im Schwimmbad planschen und habe eine falsche Bewegung gemacht. Zack, war der Schmerz wieder da. In solchen Momenten weiß ich, dass es die richtige Entscheidung war, Olympia abzusagen", sagt der 32-Jährige.

Er habe im Training festgestellt, dass er bis zu acht Versuche brauche, bis er einigermaßen schmerzfrei werfen kann, sagt Esser. Bis die höllischen Schmerzen nicht mehr auftreten, weil der Körper den Druck nicht aushält, wenn er in die rotierende Beschleunigung im Ring kommt. "Es ist noch nicht hundertprozentig geklärt, was es jetzt genau ist. Ich laufe von Arzt zu Arzt und von Spezialist zu Spezialist", sagt Esser. Doch es ist nicht so, als ob die Aussicht, die Spiele in London nur aus der Ferne zu erleben, Esser nachhaltig aus der Bahn werfen würde. Nur dürfen die übertragenden Fernsehsender nicht gerade damit rechnen, in ihm einen treuen Zuschauer gewonnen zu haben. "Das Schlimme ist: Olympia ist überall präsent. Wenn du Cola trinkst, sind da Ringe drauf. Guckst du Werbung, siehst du Sponsoren von Olympia. Deshalb bin ich sehr froh, dass ich in der nächsten Woche in Urlaub fahren und abschalten kann", sagt Esser.

"Ich bin Profi genug"

Der Körper soll sein Kapital für den Leistungssport bleiben. "Ich bin nicht mehr der Jüngste, ich stecke das nicht mehr so leicht weg. Da ich definitiv nächstes und übernächstes Jahr noch werfen will, ist es einfach vernünftig, die Sache jetzt auszukurieren", sagt Esser. Fünf Olympische Spiele als Athlet hatte er sich mal zum Ziel gesetzt. Jetzt können es noch vier werden — wenn er die Spiele von Rio de Janeiro im Jahr 2016 anvisiert. Und danach? Schluss, Aus mit Hammerwurf? "Als Trainer weiterzumachen, ist eine Option, die ich im Kopf habe. Ich frage mich immer: ,Was kann ich am besten?' Das, was ich die letzten 25 Jahre gemacht habe: Sport", sagt Esser.

Im September will er wieder mit Laufeinheiten anfangen, sich dann peu à peu in Sachen Intensität steigern. Der Ehrgeiz ist ihm jedenfalls nicht abhanden gekommen: "Ich habe schon viele Enttäuschungen in meinem Sportlerleben erlebt. Ich bin Profi genug, um zu sagen, ich gehe gestärkt in die neue Saison", sagt Esser.

(RP/rl)
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