Krefeld Milder Winter ist gefährlich fürs Mittelohr

Krefeld · Krefelds Ärzte haben in diesen Wochen ungewöhnlich viele Patienten mit Mittelohrentzündungen. Grund sind Viren, die gerade bei den milden Wintertemperaturen Hochsaison haben. Doch es gibt ein einfaches Gegenmittel.

 Professor Rudolf Leuwer beim Blick ins Ohr: Bei einer Mittelohrentzündung haben sich auf dem Trommelfell Blasen gebildet, die die Schmerzen verursachen.

Professor Rudolf Leuwer beim Blick ins Ohr: Bei einer Mittelohrentzündung haben sich auf dem Trommelfell Blasen gebildet, die die Schmerzen verursachen.

Foto: HKK

Viren mögen keine Kälte, deshalb sind Frühjahr und Herbst die Hochsaisons für Grippe und auch für Mittelohrentzündungen, sogenannte otitis media. "Im Mittelohr herrscht immer die gleiche Temperatur. Denn das daneben liegende Innenohr verträgt keine Temperaturschwankungen. Einer Mittelohrentzündung geht immer ein Schnupfen voraus mit Problemen im Nasen- und Rachenraum", sagt Professor Rudolf Leuwer, Chefarzt der Hals-, Nasen-, Ohrenklinik am Helios Klinikum. Für eine normal verlaufende Otitis sind seine niedergelassenen Kollegen zuständig, zu ihm kommen Patienten, bei denen eine schwere Entzündung Komplikationen verursacht.

Nasentropfen helfen

Die Infektion kommt nicht über den Gehörgang, sondern über die Eustachische Röhre (oder Ohrtrompete). Diese röhrenartige Verbindung zwischen Mittelohr und Nasenrachenraum verhindert, dass Flüssigkeiten aus dem Hals ins Ohr gelangen. Wenn die Schleimhäute angeschwollen sind, ist diese Röhre verengt und funktioniert nicht mehr tadellos. Dann kann sie zum Transportkanal für bakterielle Infektionen werden. Bei Kindern ist die Eustachische Röhre noch nicht völlig ausgebildet, deshalb sind sie besonders häufig von Mittelohrentzündungen betroffen. Bei der Otitis herrscht Ausnahmezustand im Ohr: Es sammelt sich Flüssigkeit an.

"Ein typisches Zeichen ist, dass man auf einem Ohr schlechter bis sehr schlecht hört", erklärt Leuwer. Ursache ist ein Ohrerguss, und der verursacht starke Schmerzen. "Auf dem Trommelfell bilden sich Blasen. Aber bei einer normal verlaufenden Mittelohrentzündung muss man keinen Schnitt ins Trommelfell machen", sagt der Facharzt. Antibiotika und Schmerzmittel reichten aus — und Nasentropfen.

Die Kritik an den Nebenwirkungen von Nasensprays hält Leuwer für nicht gerechtfertigt: "Man kann sie zwei Wochen täglich anwenden, dann sollte man probieren, ob man sie auslassen kann. Denn sonst tritt eine Gewöhnung der Schleimhäute an die abschwellende Wirkung ein."

Ein Platzen des Trommelfells ist nicht tragisch

Auch wenn Kinder nachts Ohrenschmerzen bekommen und man merkt, dass sich eine Entzündung ankündigt, rät Leuwer dazu, schon frühzeitig Nasentropfen zu geben. Bei Kindern laufen die Entzündungen fast immer problemlos ab. Oft ist der Schmerz plötzlich verschwunden und eitriges Sekret läuft aus dem Ohr. "Dann ist das Trommelfell geplatzt. Aber das ist nicht tragisch. Denn es ist regenerationsfähig." Unter dem Mikroskop kann der Arzt oft mehrere Narben als Folgen solcher Mittelohrentzündungen erkennen, "aber auf das Hörvermögen haben sie keine Auswirkung".

Bei Erwachsenen kann die Flüssigkeit nach dem Abheilen zwei bis drei Wochen oder länger im Ohr bleiben. Dann ist der Druck noch spürbar, und oft klingt die eigene Stimme im Ohr wie unter einer Glocke. "Das ist kein Grund, in Panik zu geraten. Erst nach acht bis neun Wochen ist ein Schnitt ins Trommelfell angesagt, damit die Flüssigkeit abläuft." Unbehandelt könnte das Innenohr geschädigt werden, das nur durch eine dünne Membran vom Mittelohr getrennt ist — eine mögliche Folge sind Hörschäden.

(RP)
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