Krefeld Auf Hasenjagd

Krefeld · Einmal im Jahr werden auf den Hülser Feldern die Hasen gejagt. Die Treiber stapfen über die Felder, die Jäger stehen mit der Flinte am Rand und warten auf Hasen. Wir zogen Gummistiefel an und liefen mit – ein Tag vom Schreiber zum Treiber.

Das ist die Hasenjagd in Hüls
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Das ist die Hasenjagd in Hüls

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Einmal im Jahr werden auf den Hülser Feldern die Hasen gejagt. Die Treiber stapfen über die Felder, die Jäger stehen mit der Flinte am Rand und warten auf Hasen. Wir zogen Gummistiefel an und liefen mit — ein Tag vom Schreiber zum Treiber.

Nach sieben Stunden Jagd fühlen sich die rund 30 Treiber sehr müde, ebenso viele Jäger haben jetzt gefühlte fünf Grad Celsius ihrer Körpertemperatur verloren, und der Hasenbestand im Revier "Hüls I" ist um ein Drittel gesunken. Die Jagdgesellschaft feiert am Abend glückselig bei Bier und gutem Essen ihre reiche Beute; aber heimlich feiert sie auch die zwei Drittel schlauer Hülser Hasen, die sich durch eine List der Flinte widersetzten.

Einmal im Jahr ist Hasenjagd in Hüls: Im November laden die Revierpächter Johannes und Karl-Heinz Vennekel rund 60 Männer ein. Am Anfang des Monats werden hübsch verzierte Einladungskarten verschickt, die von den Eingeladenen freundlich erwidert werden. Die meisten der Teilnehmer sind Jäger, doch wir laufen gestern als Treiber mit, dürfen frische Ackerluft schnappen, den Jägern beim Latein zuhören und einige der cleversten Hasen bestaunen.

Der Jagdtag beginnt nach dem Frühstück. Die 60 Jäger und Treiber stehen auf dem Bauernhof am Höferweg westlich der Venloer Straße. Es ist kalt, saukalt, um ehrlich zu sein, und das Wort "grau" scheint exklusiv für diesen Himmel erfunden worden zu sein. Dicke Suppe über Hüls.

Morgengruß: "Waidmannsheil"

Die Vennekels begrüßen die Jägerschar — eine Ansammlung von Männern zwischen 20 und 80 Jahren vom Dachdecker, über Lehrer, Anwälte und Bänker bis zu Zahnärzten. Man begrüßt sich mit "Waidmannsheil", schüttelt herzlich-männlich die Hand, einige Jäger blasen ins Horn und Johannes Vennekel verliest die Jagdregeln: "Wir schießen nur auf Hasen, Kaninchen und männliche Fasane." Jetzt geht es in Gruppen zu 15 bis 20 Mann auf den Anhänger.

"Auf, auf zum fröhlichen Jagen." An der Venloer Straße beginnt gegen 10 Uhr der Hauptteil dieser Hasenjagd. Jörg Vennekel, Sohn der Revierpächter, erklärt den Treibern ihren (im Grunde simplen) Job. Das Feld ist ein großes Rechteck. An drei Seiten steht alle 30 Meter ein Jäger. Die Treiber kämmen von der vierten Seite aus, immer auf einer Linie laufend, das Feld nach Hasen aus. Sie rufen: "Hopp" oder "Hossa" oder "Hopapapapapa". Zur Hilfe kommen ihnen die Jagdhunde, die zickzack über den gefrorenen Acker rennen und bellen. Alle fünf Minuten springt ein Hase auf. Dann rufen die Treiber laut "Has' von rechts", die Jäger ziehen das Gewehr und warten geduldig. Jetzt nur noch der Schuss...... Doch nicht immer wird tatsächlich geschossen.

Die Krefelder Jägerschaft weiß um den schlechten Ruf, den sie bei manchem Zeitgenossen immer noch genießt: Dass Jäger nur schießen wollen, dass es die Lust am Gewehr sei, die sie treibt. Gestern Morgen entsprechen die Jäger aber so gar nicht diesem Klischee. Carl Wiegand, Vorsitzender der Kreisjägerschaft, erklärt: "In Krefeld gibt es aufgrund der vielen Gemüsefelder ohnehin sehr viele Hasen. Wir sorgen mit der einmal jährlich stattfindenden Hasenjagd dafür, dass der Bestand nicht weiter wächst." 600 Jäger sind in der Kreisjägerschaft organisiert, die Zahl der Jäger in Krefeld ist noch weit höher. In Krefeld sind 16 Reviere ausgewiesen, von den 13 752 Hektar Stadtgebiet sind immerhin knapp die Hälfte, 6400 Hektar, bejagbare Fläche. Dort tummelt sich Wild vom Reh über Fuchs bis hin zum Hülser Hasen, alles, was vier Beine hat und Wild ist.

Angsthasen rennen weg

Auf den ersten Jagd-Metern ist der Treiberneuling noch nervös: Was passiert, wenn gleich hier die Schüsse losgehen? Jörg Vennekel erklärt: "Wichtig ist, dass die Treiber alle auf einer Linie bleiben." Wird ein Hase hochgescheucht, so rennt er entweder hinter oder vor die Treiberlinie. Kommt er dem Jäger näher als 20 bis 30 Meter, dann drückt der Jäger ab — die Jäger passen auf, dass sie weit von der Treiberlinie wegzielen.

Normalerweise sitzen die Hasen in Kuhlen platt auf dem Feld. Wenn die Jäger kommen, schrecken nur die dummen Hasen, die "Angsthasen", auf. Denn die rennenden Hasen haben meist schon verloren. Schnell haben sie nämlich den Hund im Nacken und die Jägerflinte vor Augen. Die cleversten Hasen aber kauern sich ein und setzen darauf, dass der Jäger sie nicht entdeckt. Einem Großteil der Hülser Hasen sei dies auch gestern wieder gelungen, sagt Carl Wiegand. Und tatsächlich: Wer sich umblickt, der entdeckt im Rücken fröhliche Hasen auf dem Acker hoppeln, fast triumphierend.

Einem der Hasen rettet der Treiber, der im Hauptberuf Schreiber ist, durch eine absichtliche Unachtsamkeit das Leben. Auf einem gefrorenen Acker sieht er das zarte Tier in einer Kuhle kauernd. Der Treiber schleicht sich an ihm vorbei, drückt nur einmal auf den Auslöser der Kamera und wünscht ihm ein weiterhin gutes Hülser Hasenleben.

(RP)
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