Kranenburg Nabu-Antrag bringt Landwirte in Rage

Kranenburg · Die Nabu-Station Niederrhein will wissen, wie viele Tiere die Landwirte in der Düffel besitzen. In einem Schreiben des Kreises Kleve werden die Bauern zunächst gefragt, ob sie den Naturschützern freiwillig Akteneinsicht gewähren.

Zwischen den Landwirten in der Düffel und der Nabu Naturschutzstation Niederrhein gibt's gelegentlich ein paar Differenzen, um es vorsichtig zu formulieren. Doch hatte sich das Verhältnis in jüngster Vergangenheit entspannt. Die Phase dürfte sich aus Sicht der Landwirte wieder erledigt haben. Grund für die sich aktuell eintrübende Beziehung ist ein Schreiben der Kreisverwaltung, das an die Landwirte in der Düffel ging.

Auch Karl Hofmeister* (55) hatte Anfang des Monats aus dem Kreishaus Post bekommen. In dem Brief wird er gefragt, ob die Behörde der Nabu Naturschutzstation Niederrhein Akteneinsicht in die Baugenehmigungsakte seiner Hofstelle geben darf. "Ich dachte, ich stehe im Wald. Jetzt wollen die wissen, wie ich gebaut habe und wie die Genehmigungsvorgänge aussehen", sagt Hofmeister.

Nicht nur der Nabu darf aufgrund des Umweltinformationsgesetzes des Landes NRW Akteneinsicht beantragen. Besonders interessiert sei der Nabu, so schreibt der Kreis an die Landwirte, an Unterlagen aus denen die genehmigten Tierplatzzahlen, Tierarten und Stallarten erkennbar seien. Aus den Daten wollen die Naturschützer unter anderem einen Zusammenhang von Stickstoffeinflüssen auf die umliegenden Schutzgebiete herleiten, heißt es in dem Brief.

Brisant an dem Antrag ist nach Darstellung des Kreises, sollte dem Nabu Akteneinsicht gewährt werden, dass sich dadurch auch Informationen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Betroffenen ableiten lassen wie Vermögensituation, wirtschaftliche und berufliche Betätigungen sowie über private- und öffentlich-rechtliche Beziehungen. "Da könnte ich ja direkt meine Kontoauszüge und Sparbücher an den Nabu zur gepflegten Kenntnisnahme weiterleiten", sagt Karl Hofmeister.

Der Kreis hat den Landwirten ein Formular mitgesandt, auf dem diese ankreuzen können, ob den Naturschützern die Akteneinsicht gewährt werden soll. Karl Hofmeister hat ein fettes Kreuz an der Stelle gemacht, mit dem er klarstellt, dass er der Akteneinsicht widerspricht. Den Rest des Schreibens hat er seinem Anwalt übergeben, der sich jetzt um den Fall kümmern soll.

Kreis-Pressesprecherin Ruth Keuken erklärt, dass, sollten die angeschriebenen Personen die Akteneinsicht nicht gewähren, der Kreis abwägen muss, welche Daten personenrechtlich zu schützen sind und welche herausgegeben werden können. Dann wird dem Antragsteller Nabu diese Entscheidung mitgeteilt. Falls der Nabu dies nicht akzeptiert, könnte er vor dem Verwaltungsgericht klagen. Was Genehmigungsvorgänge zu Stallbauten mit der wirtschaftlichen Situation eines Landwirts zu tun haben, erklärte Keuken so: "Das sind Nebeninformationen aus der Bauakte."

Zunächst werden jetzt die vom Kreis an die Landwirte versandten Antwortschreiben abgewartet, in denen sie mitteilen sollen, ob sie Akteneinsicht gewähren. Die Arbeit hätte Hofmeister der Behörde offenbar abnehmen können. "Ich kenne keinen, der dem Antrag zustimmt. Und das wird auch so bleiben", sagt der 55-Jährige.

Völlig emotionslos erklärt Volkhard Wille, Vorsitzender der Nabu Naturschutzstation, was hinter dem Antrag steckt: "Wir wollen beim Kreis in bestimmte Akten gucken, um einen Überblick über bestimmte Tierbestände zu bekommen." Die Anfrage sei gestellt worden, weil eine Studentin zu dem Thema "Stickstoffemissionen im Vogelschutzgebiet" eine Arbeit schreiben will. Wille betont, dass es dem Nabu ausschließlich um die Zahl der Tiere und den Stalltyp gehe.

Kreislandwirt Josef Peters, kein Mann für den diplomatischen Dienst, kann dem Antrag des Nabu nichts Positives abgewinnen. "Es wurde uns erklärt, dass man die Daten allein brauche, um damit eine Doktorarbeit zu schreiben. Aber ob der Nabu das sagt oder in Köln fällt 'ne Schüppe um, das ist nahezu dasselbe. Für mich ist der Antrag eine Frechheit. Warum sollen die Landwirte öffentlich darlegen, wie viele Tiere sie haben?"

Der Antrag sorgt auch in der Politik für reichlich Bewegung. Nach RP-Informationen haben sich der CDU-Europaabgeordnete Karl-Heinz Florenz und Kranenburgs Bürgermeister Günter Steins (CDU) für Freitag zu einem Gespräch mit den Landwirten verabredet. Thema der Zusammenkunft soll sein: Der aktuelle Antrag des Nabu und - mit guten Chancen ein Dauerbrenner zu werden - die Rodungsarbeiten im Kranenburger Bruch.

*Name von der Redaktion geändert.

(RP)
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