Kaarst Willi Stamm singt seit 66 Jahren im Chor

Kaarst · Der heute 85-Jährige trat 1950 dem Kirchenchor der St.-Martinus-Pfarre bei. In diesem Jahr musste er sein Hobby aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Morgen wird sein Engagement mit der Ehrenmitgliedschaft gewürdigt.

 Notenblätter sind seine große Leidenschaft. Willi Stamm singt im Chor seit seinem 19. Lebensjahr im Kirchenchor der St.-Martinus-Pfarre.

Notenblätter sind seine große Leidenschaft. Willi Stamm singt im Chor seit seinem 19. Lebensjahr im Kirchenchor der St.-Martinus-Pfarre.

Foto: ati

Zum sechzigsten Jubiläum als Chorsänger gab es eine Urkunde "Sie haben einen wahrhaft liturgischen Dienst vollzogen", schreibt Joachim Kardinal Meisner darin. Das war 2010. Inzwischen singt Willi Stamm (85) schon seit 66 Jahren im Kirchenchor der St. Martinus Pfarre - jetzt musste er aus gesundheitlichen Gründen seine aktive Sängerlaufbahn beenden. Beim Cäcilienfest - die heilige Cäcilia ist die Patronin der Kirchenmusik - wird sein Engagement morgen mit der Ehrenmitgliedschaft gewürdigt.

Willi Stamm, dreifacher Vater und vierfacher Großvater, der noch heute in seinem Elternhaus an der Neusser Straße wohnt, erinnert sich sehr gut an seine Aufnahme in den Chor 1950: "Der damalige Vorsitzende Jakob Weitz hat mich angesprochen, ob ich nicht mitsingen wolle". Damals zählte der Chor rund sechzig Mitglieder, darunter viele junge Leute, was dem 19-Jährigen einen zusätzlichen Reiz bot. "Ich musste beim Chorleiter Johannes Gyo vorsingen und er steckte mich in den Bass eins, denn damals sangen die Männer noch vierstimmig", erzählt Stamm, der sich 1961 als Goldschmiedemeister selbstständig machte.

Die Chorprobe bildete den Höhepunkt der Woche, denn andere Zerstreuungen gab es nicht. Nach der Probe gingen die Damen nach Hause, während die Herren noch eine halbe Stunde für das sonntägliche lateinische Choralamt übten. Nach der Probe, die damals noch in der Gaststätte 'Deutsches Haus' stattfand, wurden Karten gespielt. "Zur Polizeistunde um Mitternacht schloss der Wirt einfach ab, ermahnte uns, nicht laut zu sein und ließ uns weiter machen", erinnert sich Stamm schmunzelnd. Das Chorleben mit überwiegend klassischem Repertoire und beinahe einem Auftritt an jedem Sonntag erlebte nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) eine Zäsur. Nun hielt moderne Kirchenmusik mit deutschen Gesängen Einzug.

Nachdem sich Johannes Gyo nach fast vierzigjähriger Tätigkeit zurückgezogen hatte, öffnete sein Nachfolger Raimund Wippermann mit der Einstudierung der 'Kölner Domfestmesse' neue musikalische Welten. "Die Messe ist mir bis heute gut im Gedächtnis - sowohl musikalisch als auch liturgisch", schwärmt Willi Stamm. Weitere große Veränderungen kamen durch häufigen Chorleiterwechsel, fehlende jüngere Mitglieder und die mangelnde Bereitschaft der langfristigen Bindung an den Chor hinzu. Willi Stamm blieb in all den Jahren dem Chor treu, arbeitete im Vorstand als Kassierer, war zeitweilig Vorsitzender. Und er genoss das gesellige Leben des Chores. "Wir machten jedes Jahr einen Ausflug, eine Fahrradtour im Sommer, sind zwei Mal nach Rom gefahren und stellten eine Karnevalssitzung auf die Beine, deren Karten heiß begehrt waren", erinnert er sich ein wenig wehmütig, denn der Karneval wurde Anfang der neunziger Jahre eingestellt .

Nach 66 Jahren fiel es Willi Stamm anfangs schwer, auf die wöchentliche Chorprobe zu verzichten. "Jetzt habe ich mich aber daran gewöhnt", sagt er. Der Grenadierzug Kirchenchor, dem er seit 1957 angehört, bietet ihm zusätzliche Gemeinschaft.

(NGZ)
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