Jüchen Hilfe für Menschen in Extremsituationen

Grevenbroich · Susanne Welter (52) gibt als Notfallseelsorgerin Menschen in ihren schwersten Stunden Kraft. Vor einigen Jahren hat die Jüchenerin mehrere Angehörige verloren. Diese Erfahrungen haben ihr Leben geprägt - und motivieren sie, anderen helfen.

 Susanne Welter (52) engagiert sich als Notfallseelsorgerin. Die Jüchenerin hat selbst Schicksalsschläge erlitten.

Susanne Welter (52) engagiert sich als Notfallseelsorgerin. Die Jüchenerin hat selbst Schicksalsschläge erlitten.

Foto: cka

jüchen Auch wenn es schon 14 Jahre her ist - der Schmerz sitzt noch immer tief. Für Susanne Welter aus Jüchen änderte sich ihr Lieben von Grund auf, als sie vom Tod ihres Sohnes erfuhr. Ein Moment, der ihr Leben und nachhaltig geprägt hat. Die 52-Jährige ist bis heute den Mitarbeitern der Feuerwehr- und Polizeiseelsorge dankbar, die sie danach betreut haben. Schwere Schicksalsschläge wie diese haben Susanne Welter dazu bewegt, selbst in der Notfallseelsorge aktiv zu werden. Nun ist sie diejenige, die anderen Menschen in schweren Stunden Halt und eine tröstende Hand bietet.

"Ich weiß sehr gut, wie es ist, einen geliebten Menschen zu verlieren", sagt Welter heute. Dies hat die Mutter von drei Kindern bereits mehrfach selbst erlebt. Im Jahr 1998 verstarb ihre Mutter im Alter von nur 56 Jahren, 1999 ihr Vater mit nur 57 Jahren. Nur ein Jahr später kam Susanne Welters Sohn (20) ums Leben. Und schließlich verstarb auch ihr Ehemann vor zehn Jahren. "Das Leid hört nie auf. Doch man lernt mit den Jahren, damit umzugehen", sagt die Jüchenerin. Heute ist sie als eine von rund 50 Ehrenamtlern bei der Ökumenischen Notfallseelsorge Neuss im Rhein-Kreis Neuss im Einsatz. In zwölf Jahren hat mehr als 200 Einsätze gefahren - zunächst als Assistentin, dann als ehrenamtliche Notfallseelsorgerin. Seitdem fährt die ausgebildete Rettungssanitäterin mehrmals im Monat zu schweren Unfällen, Geiselnahmen, Überfällen, plötzlichem Kindstod oder betreut Familie, die eine Todesnachricht erhalten haben. Seelsorger haben, begleitet von einem Assistenten, immer Bereitschaftsdienst, an 365 Tagen im Jahr. Alarmiert werden sie über die Kreisleitstelle Neuss.

"Meine Motivation ist die Hilflosigkeit der Hinterbliebenen. Für sie bleibt - wie damals für mich - die Welt stehen. Es ist ein Schock", erzählt Welter. Ihre Erfahrung: "Viele Menschen stellen sich schon kurz nach Erhalt einer Todesnachricht viele belastende Fragen, die etwa die Zeit nach der Beerdigung betreffen. Diese versuche ich zu beantworten und den Menschen so ein Stück weit ihre Angst zu nehmen", sagt die 52-Jährige.

Doch wie verhält man sich gegenüber einem Menschen, der einen geliebten Angehörigen verloren hat? "Ganz einfach: menschlich", sagt Susanne Welter. Manchmal weine sie mit den Hinterbliebenen und könne genau das nachempfinden, was in ihnen vorgeht. "Wenn ich mit Eltern zu tun habe, die gerade ein Kind verloren haben, geht mir die Begleitung besonders nahe. Das bewegt mich selbst immer wieder", erzählt die Notfallseelsorgerin. Sie möchte zugleich Menschen Mut machen, die eine schwere Zeit durchleben. Dabei sei sehr viel Feingefühl gefragt. Notfallseelsorge hält Welter für unverzichtbar: "Heute ist die Anonymität, in der Menschen leben, auch in ländlicheren Regionen viel größer. Früher waren die sozialen Kontakte etwa zu Nachbarn größer, die in schwierigen Lagen Unterstützung bieten könnten."

In ihrer Freizeit steigt Susanne Welter gern aufs Motorrad oder reite mit ihrem Pferd "Mr. Cooper". Ihre Erfahrungen will die Jüchenerin auch weitergeben - dies tut sie etwa beim Projekt "Crash-Kurs" der Polizei im Rhein-Kreis Neuss. Dort warnt sie jugendliche Fahranfänger vor Leichtsinn hinterm Steuer - und bewegt viele mit ihrer eigenen Geschichte.

(cka)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort