Jüchen Kreis-Vergleich: Jüchens Kinder sind die dicksten

Jüchen · Jüchen ist Spitzenreiter bei übergewichtigen Vorschülern. Gemeinde und Rhein-Kreis Neuss setzen auf Prävention und Information.

Sofa statt Sportplatz, Eltern-Chauffeur statt eigenes Fahrrad, Playstation statt draußen spielen, Fast Food statt frisch gekochter Mahlzeiten: Dies können Faktoren sein, die Kinder zu dicken Kindern machen. Und zu unglücklichen, weiß Kinderarzt Oliver Dau aus Jüchen: "Zu Übergewicht kommen oft noch psychosoziale Probleme: Die Kindern werden gehänselt, bleiben beim Sport als letzte auf der Bank und fühlen sich in ihrem Körper unwohl." Die Gemeinde Jüchen hält den negativen Rekord bei der Zahl der übergewichtigen Jungen und Mädchen. Bei der Schuleingangsuntersuchung wurden 12,6 Prozent als übergewichtig eingestuft - in Meerbusch waren es nur 6,4 Prozent.

Auch Oliver Dau kennt immer mehr Nachwuchs, der unter Gewichtsproblemen leidet: In seiner Praxis an der Kölner Straße sieht er pro Jahr bis zu 10 000 Kinder aus Jüchen und Umgebung: "Jedes sechste davon leidet unter Übergewicht." Karsten Mankowsky, Gesundheitsdezernent beim Rhein-Kreis Neuss, kann den Negativ-Rekord für Jüchen bestätigen, erklären kann er ihn nicht. "Bei Übergewicht spielen unterschiedliche Faktoren eine Rolle." Nachgewiesen sei etwa, dass es in sozialen Brennpunkten schon bei Kindern häufiger Probleme mit Übergewicht gebe. Bei der Schuleingangsuntersuchung, die vorgeschrieben sei, werden etwa Größe, Gewicht und motorische Fähigkeiten der Kinder ermittelt. - Bürgermeister Harald Zillikens verweist darauf, dass Jüchen allerdings in anderen Bereichen, etwa bei der Sprachförderung, "überdurchschnittlich gut" abschneide. "Wir tun einiges, haben mit Kelzenberg und Garzweiler zwei zertifizierte Bewegungskindergärten", so Zillikens. Zudem würden viele Grundschulen gesundes Frühstück anbieten. Kinder, die mit einem Euro fürs Frühstück zum Bäcker geschickt werden, könnten so eine Alternative erfahren.

Wie kann man die Pfunde wieder loswerden? "Nur mit einer Kombination aus Bewegung und ausgewogener Ernährung", sagt Oliver Dau. Dabei sei die gesamte Familie gefordert - oft gelte es, eigene Gewohnheiten zu hinterfragen und zu ändern. Nicht immer gelinge dies.

"Wir erreichen mit unseren Angeboten nicht immer die Betroffenen", weiß auch Kreisgesundheitsdezernent Mankowsky. Zwar seien Erfolge nachweisbar - etwa in den 50 von 200 Kindertagesstätten im Rhein-Kreis Neuss, die im Netzwerk "FitNetz" zusammen geschlossen sein. Dort stehen Ernährung und Bewegung im Vordergrund, das gesamte Kita-Team trage das Projekt. Eltern würden über Informationen oder Vorträge miteinbezogen.

Viel verspricht sich Mankowsky auch vom Projekt "Aufgeweckt", das jetzt in Neuss-Weckhoven in Kooperation mit acht Krankenkassen beginnt. "Dabei wollen wir Prävention von der Schwangerschaft über die Kita-Zeit bis hin zum Schuleintritt bieten." Für Mütter und Väter gebe es Infos, Vorträge und Kontakte; auch Sportvereine, Ärzte und Sozialarbeiter seien mit eingebunden.

Warum man frühzeitig gegen die Pfunde kämpfen sollte, sagt Mediziner Dau: Zu viel Kilos in der Kindheit würden oft auch ins Erwachsenenalter mitgeschleppt - und könnten dann zu Erkrankungen führen oder bestehende Krankheiten verschlimmern. Deshalb: Spaß an der Bewegung lernen -und öfter mal einen Apfel essen: "Bei mir liegt immer einer."

(NGZ)
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