Grevenbroich Grevenbroich seit 100 Jahren Alu-Standort

Grevenbroich · Ab August 1916 wurde bei Allrath das Erftwerk gebaut. Damit begann die Geschichte der Aluminium-Industrie in Grevenbroich.

 So sah der Eingang des alten Erftwerks aus. Vor 100 Jahren -während des Ersten Weltkriegs -wurde der Grundstein für die Produktionsstätte gelegt, Ende 1917 wurde die Produktion aufgenommen.

So sah der Eingang des alten Erftwerks aus. Vor 100 Jahren -während des Ersten Weltkriegs -wurde der Grundstein für die Produktionsstätte gelegt, Ende 1917 wurde die Produktion aufgenommen.

Foto: Hyddro

Nachdem sich während des Ersten Weltkriegs in Deutschland immer deutlicher ein Metallmangel in Deutschland abzeichnete, fiel der Beschluss zum Bau einer neuen Aluminiumhütte in Grevenbroich. In das Projekt "Erftwerk" wurde die damals unvorstellbare Summe von 20 Millionen Reichsmark investiert. Der Grundstein wurde gestern vor 100 Jahren gelegt: am 22. August 1916.

Für den Standort wurde ein Acker im Westen von Allrath ausgesucht - nah gelegen an der Eisenbahnstrecke Köln-Mönchengladbach und den Braunkohletagebauen. Ende 1917 nahm die erste Anlage unter der Regie der wenige Monate zuvor gegründeten "Vereinigte Aluminium-Werke" (VAW) ihre Produktion auf. 1918 wurden bereits 3500 Tonnen Alu hergestellt.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs schlossen die französischen Besatzer das Unternehmen. Erst Anfang der 20 Jahre konnte die Arbeit wieder aufgenommen werden. Das Erftwerk gehörte fortan zu einem Verbund verschiedener Werke wie Lauta, Bitterfeld oder Töging am Inn, die von der VAW unter dem Dach der Vereinigte Industrieunternehmen AG (VIAG) kontrolliert wurden. Im Jahr 1922 kaufte die neu gegründete Rheinische Blattmetall ein Grundstück von der Erftwerk AG und errichtete dort ein Folienwalzwerk, das im Januar des darauffolgenden Jahres den Betrieb aufnahm. "Dieses Areal - um ein Vielfaches vergrößert - war die Keimzelle der heutigen Hydro Rolled Products", sagt Michael Steffen, Sprecher des Hydro-Konzerns.

Nach dem Zweiten Weltkrieg - in dem rund um die Uhr vornehmlich für die Luftwaffe produziert wurde - stand das Erftwerk auf der Demontageliste der Alliierten. Zwischen 1946 und 1950 wurden viele Anlagen abgebaut. Mit dem Wirtschaftswunder setzte jedoch die Re-Montage ein. "Die Nachfrage nach Aluminium stieg. Autos, Schienenfahrzeuge, Flugzeuge, Fenster, Verpackungen und die entwickelten Getränkedosen brauchten das leichte Metall", sagt Steffen.

Rohstoffe bezog die VAW unter anderem aus dem Lippewerk, Strom von RWE, Anoden vom Rheinwerk und Kathoden aus dem eigenen Elektrodenbetrieb. Der für die Alu-Gewinnung notwendigen Rohstoff Bauxit wurde aus Frankreich, Griechenland, Ungarn, Italien und Jugoslawien importiert. Um die Energieversorgung zu sichern, kaufte VAW 1959 ein Braunkohlefeld neben dem Grevenbroicher Werk. 1962 übernahm die Gesellschaft von RWE zwei eigene Kraftwerksblöcke. Im Jahr 1969 wurden im Erftwerk 37.000 Tonnen Aluminium hergestellt - ein Rekord.

Mitte der 60er Jahre ließen steigende Strompreise und eine nachlassende Nachfrage die VAW in eine schwere Krise schlittern. In der Folge wurden zwischen 1975 und 1980 die Öfen abgeschaltet - die Elektrolyse im Erftwerk war für immer beendet. Die meisten Mitarbeiter konnten von den Walzbetrieben nebenan oder dem Rheinwerk in Neuss übernommen werden. "Hydro Aluminium Rolled Products ist heute mit rund 2000 Mitarbeitern deas deutlich größte Unternehmen am Standort", erläutert Michael Steffen.

Doch auch dort, wo einst die Hütte war, wird weiter produziert: Real Alloy ist ein bekannter Lieferant von recyceltem Aluminium, die Tokai Erftcarbon fertigt großformatige Graphitelektroden, und Hydro Aluminium High Purity ist ein weltweit führender Anbieter von hochreinem Aluminium.

Die Mitarbeiter dieser Firmen werden auch heute noch jeden Morgen an das alte Erftwerk erinnert. Denn die Bushaltestelle, an der sie vor Schichtbeginn aussteigen, heißt bis heute wie das vor 100 Jahren gegründete Unternehmen.

(NGZ)
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