Interview: Karl-Heinz Reuter "Das Bad hätte saniert werden müssen"

Grevenbroich · Der Neusser Architekt Karl-Heinz Reuter (73) hat vor 45 Jahren das Schlossbad geplant. Morgen wird sein "Kind" für immer geschlossen. Mit Skepsis betrachtet er die Neubaupläne. Reuter meint: Eine Sanierung wäre preiswerter gewesen.

Sie haben vor 45 Jahren das Hallenbad geplant. Welche Kriterien waren damals vorgegeben?

Karl-Heinz Reuter Die Stadt hatte das Raumprogramm vorgegeben und einen Bieterwettbewerb ausgeschrieben. Den haben wir gewonnen, weil unser Entwurf auch von der architektonischen Seite her überzeugte. Das war ein stolzer Erfolg. Das Schlossbad war eines der modernsten Bäder weit und breit.

An diesem Sonntag wird das Schlossbad geschlossen. Traurig?

Reuter Gar nicht. Grundsätzlich begrüße ich, dass die Grevenbroicher ein neues Bad bauen möchten. Ich finde nur, dass der Bogen überspannt wird und sich die Dinge als finanziell nicht leistbar darstellen.

Was meinen Sie damit?

Reuter Wenn Bäder marode sind, müssen sie nicht gleich abgerissen und neugebaut werden. Beispiel: In Neuss wurden das Süd- und das Nordparkbad komplett mit geringem Kosteneinsatz saniert, beide sind heute Spitze. Genauso wie die von mir gebauten Bäder in Köln und Eschweiler die zum Wellenhallenbad gewandelt wurden und Architekturpreise erhielten.

Aber eine Sanierung ist doch angeblich nicht möglich...

Reuter Das funktioniert bundesweit doch auch an anderer Stelle. Nach meiner Berechnung werden 8,4 Millionen Euro für eine komplette Sanierung und Modernisierung benötigt - inklusive neuer Rutschen, denn die gehören unbedingt zu einem modernen Bad, sowie einem Freizeitbecken, barrierefreien Zugängen, moderner Technik und einem Rückbau des Freibades von 50 auf 25 Meter. Durch Zubauten lässt sich viel an Attraktivität gewinnen - für weniger Geld. Die von mir ermittelten Kosten entsprechen der Freigabe der Kommunalaufsicht und liegen darüber hinaus weit unter denen eines Neubaus.

Die Investition beziffert GWG Kommunal mit 10.7 Millionen Euro...

Reuter Ich glaube nicht, dass das ausreichen wird. Ich komme nach meinen Berechnungen auf Kosten von rund 15 Millionen Euro. Die 10,7 Millionen Euro sind nicht zu halten.

Das heißt im Umkehrschluss: Bei einer Sanierung würde man ein im Vergleich zum Neubau gleichwertiges Bad bekommen - mit mehr Attraktionen und für weniger Geld?

Reuter Genau das meine ich. Und noch ein Vorteil: Mit einer Bauzeit von maximal zwölf Monaten würde man unter der Zeitschiene von GWG Kommunal liegen, die eine Eröffnung im ersten Quartal 2017 anvisiert. Eine geringere Bauzeit würde natürlich auch dem Schul- und Vereinssport sehr entgegenkommen.

Sie haben die Präsentation im Sport- und Bäderausschuss verfolgt? Wie bewerten Sie den Neubau?

Reuter Der Entwurf ist nicht schlecht, das Raumprogramm stimmt. Im Vergleich zum heutigen Bad betrachte ich aber zum Beispiel das Sportbecken kritisch. Es hat eine Schwimmbahn weniger und verfügt über keinen Hubboden, den ich für wichtig halte. Das Becken könnte damit für mehr Angebote genutzt werden. Auch minimiert sich die Sprunganlage auf nur noch Ein-Meter-Brett und Drei-Meter-Plattform gegenüber jetzt zusätzlich Drei-Meter-Brett und Fünf-Meter-Plattform.

Sie sagten, der Entwurf wäre nicht schlecht. Das heißt, andersherum, er ist auch nicht gut.

Reuter Der Entwurf hat im Vergleich zum heutigen Schlossbad seine Schwächen. Ich hätte auf jeden Fall versucht, die harte Nähe zur Erft zu verhindern. Ich befürchte, dass es zu Problemen kommen wird, wenn das Grundwasser wieder ansteigen wird.

GWG Kommunal von jährlich rund 75 000 Besuchern aus. Realistisch?

Reuter Bezogen auf die Einwohnerzahl halte ich die Zahl für sehr niedrig angesetzt. Das betrifft auch den Eintrittspreis, der unter drei Euro betragen soll. Im Bundesdurchschnitt müssen zwischen vier und 4,50 Euro gezahlt werden. Der Preis in Grevenbroich wird sich künftig in dieser Größenordnung bewegen.

DAS GESPRÄCH FÜHRTEN WILJO PIEL UND ANDREAS BUCHBAUER

(NGZ)
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