Geldern Sportlich, rüstig – Tilly Jahn

Geldern · Ihr Alter nimmt der 90-Jährigen kaum jemand ab. Noch immer wirbelt die Tischtennisspielerin des TTC Geldern-Veert, wo sie kann. Auch bei internationalen Turnieren, wo sie Medaillen bei Welt- und Europameisterschaften holte.

 Stolz zeigt Tilly Jahn ihre Medaillen. Noch immer nimmt die 90-Jährige den Schläger in die Hand und zeigt ihr Können.

Stolz zeigt Tilly Jahn ihre Medaillen. Noch immer nimmt die 90-Jährige den Schläger in die Hand und zeigt ihr Können.

Foto: seybert

Medaillen sind so etwas wie das Metall gewordene Happy End jeder Sportler-Geschichte: Die 90-jährige Tilly Jahn galt eigentlich immer als glückliche Tischtennisspielerin, weil sie diesen Sport im Kreis Kleve Schlag für Schlag viele Jahre dominierte, und sich später in ihrer Altersklasse auch bei Europa- und Weltmeisterschaften zuverlässig auf die besten Plätze spielte.

 Erste Frauenmannschaft des damaligen TTC Geldern (v.l.): Tilly Jahn (Mitbegründerin des Vereins), Lotte Dyx, Gudrun Schick, Roswitha Niesel, Brigitte Schick, Karin Zerfaß, Mathilde Quickert.

Erste Frauenmannschaft des damaligen TTC Geldern (v.l.): Tilly Jahn (Mitbegründerin des Vereins), Lotte Dyx, Gudrun Schick, Roswitha Niesel, Brigitte Schick, Karin Zerfaß, Mathilde Quickert.

Foto: privat

Fleißige Medaillensammlerin

Dass sie bei der WM in Dublin im Doppel sogar eine verdiente Goldmedaille erhielt, freute sie damals sehr. Eine Goldmedaille ist schließlich immer 'ne Superleistung. Vollkommenes Glück herrschte auch beim TTC BW Geldern-Veert. In welches Vorstandsgesicht Tilly Jahn nach ihren Titelkämpfen auch schaute, alle hatten sie Goldmienen oder zumindest glückliche Bronze-Blicke. Vor allem der erste Vorsitzende des TTC BW Geldern-Veert, Eugen Brück, der so vieles in diesem Verein veränderte, strahlte silbrig vor Stolz. Ob man ihn dereinst auch so feiern wird?

Als Institution des Tischtennissports? Tilly Jahn jedenfalls ist eine Institution. Wer sie im Gelderland nicht kennt, der kennt diesen Sport nicht, und so kommt sie dem Besucher in ihrem Haus gesund und munter entgegen: Eine feine, ältere Dame, klein und dezent gekleidet, die natürliche Herzlichkeit ausstrahlt. Wer beim 60-jährigen Jubiläum des TTC BW Geldern-Veert vor ein paar Monaten genau hinhörte, erfuhr, dass Tilly Jahn den Verein mitbegründete. Ja, und dann ergab sich für sie eben auch die Gelegenheit, diesen Sport ganz intensiv auszuüben. Das hat sie in Erinnerung, da muss sie heute noch ein bisschen schmunzeln.

Als sie bei einer Tasse Kaffee davon erzählt, kann man sich leicht ausmalen, warum sie später so erfolgreich in diesem Sport war. Sie hatte Talent. Natürlich! Ehrgeiz. Na, klar! Und blieb trotzdem in Veert. Die Schlussfolgerung lautete: trainieren und noch länger hinter der Platte stehen, um auf Jahre hinaus die Konkurrentinnen erfolgreich herausfordern zu können. Das schaffte sie relativ leicht. Die vielen Schwarz-Weiß-Fotos, die sie ernst und heiter zeigen, belegen das.

Jetzt sitzt sie in ihrem gemütlichen Wohnzimmer mit Blick auf einen großen Garten, schenkt noch einmal Kaffee nach und macht dabei atemberaubende Zeitsprünge. So bot sie bei den Deutschen Meisterschaften einer starken Konkurrenz die Stirn und beeindruckte diese mindestens genauso wie die Tatsache, dass sie auch zahlreiche Titel auf Kreis- und Bezirksebene gewann — bei Wettkämpfen auf Westdeutscher Ebene wurde sie ebenfalls die Nummer eins. Von den Europa-Meisterschaften der Doppel-Konkurrenzen in Wien erzählt Tilly Jahn auch. Den Titel, ach ja, den hätte sie zwar gerne gehabt, "aber es hat halt nicht sollen sein."

Am Ende fuhr sie mit einer Bronzemedaille heim. Sie zuckt mit den Schultern und lacht. Bei den Weltmeisterschaften 1992 in Irland holte sie das Versäumte nach. Dort hing ihr nach dem Finale eine Goldmedaille um den Hals. Genauso energisch packte das Sterntalerkind aber auch ihr privates Glück an. Die vielen Medaillen blinken heute natürlich in unendlich weiter Ferne. Die 90-Jährige darf sich im Rückblick aber an eine lange und erfolgreiche Laufbahn erinnern. Das wiederum würde die leidenschaftliche Bridgespielerin allerdings die ganze Nacht vom Schlafen abhalten. Das letzte Bridge-Turnier war in den ersten Dezembertagen in Andalusien.

Erstens: Da war Tilly Jahn dabei. Zweitens: Das nächste folgt. Auch dort wird sie natürlich mitspielen. Es gibt für die 90-Jährige jetzt eben andere Großereignisse, die sie fordern.

(hem)
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