Geldern IT-Spezialisten wollen Facebook-Affäre aufklären

Geldern · Bürgermeister Ulrich Janssen bekommt Schützenhilfe in der "Facebook-Affäre". Andreas Bauer, Sachverständiger für IT-Forensik - das heißt, für Spuren krimineller Machenschaften in Computersystemen - sagt: "Es wäre nicht das erste Mal, dass irgendwelche Konstrukte aufgebaut werden, um jemanden in der Öffentlichkeit schlecht darzustellen."

Aber so etwas lasse sich nachweisen. Und allzu teuer müsse das für die Stadt auch nicht werden.

Er habe bereits bei der Stadt vorgesprochen, sagt Andreas Bauer, Mitbegründer des jungen Berufsverbandes "Verband Europäischer Gutachter und Sachverständiger" (VEGS). Allerdings sei er bei seinem Besuch in Geldern zunächst mal nicht auf großes Interesse gestoßen.

Einen Hackerangriff auf das Computersystem des Kommunalen Rechenzentrums Niederrhein (KRZN) halte auch er für "sehr unwahrscheinlich", betont er: "So, wie sich das darstellt, ist es ein internes Problem." Aber dass Mitarbeiter des KRZN oder der Stadtverwaltung Manipulationen vorgenommen hätten, sei absolut denkbar.

Rund 180 der über 200 Stimmen, die bei Janssens Facebook-Umfrage zum Kapuziner-Karree vom eigenen Facebook-Account des Bürgermeisters kamen, wurden wie berichtet im KRZN-System geklickt. Nächstliegende Vermutung: Es geschah im Rathaus.

Doch da endet die Spur. Laut Stadt und Rechenzentrum lässt sich nämlich nicht belegen, was wann genau an welchem Rechner getan wurde. Die entsprechenden Protokolle würden aus Datenschutzgründen stets gelöscht.

Bauer widerspricht: "Natürlich lässt sich das rekonstruieren", versichert er. "Aus forensischer Sicht wäre es kein Problem, diese Dinge wiederherzustellen." Dabei würde man der Stadt preislich entgegenkommen: "Hier geht es um Gerechtigkeit", begründete er. "Wir reden von keinem fünfstelligen Betrag."

Das bekräftigt Bernd Ulrich aus Straelen, ebenfalls vom Gutachterverband VEGS. "Seitens des Verbandes geht es uns ums Prinzip", sagt er. "Es kann sein, dass man Ulrich Janssen zum Bauernopfer macht, und er kann sich nicht wehren."

Mögliche Täter in der Verwaltung oder sonstwo im KRZN-Bereich hätten ihre Manipulationen fortgesetzt mit großer Dreistigkeit vorgenommen. Zur Erinnerung: Die Stimmen unter Janssens Namen wurden überwiegend in größeren Blöcken, das jedoch über Tage verteilt und zu unterschiedlichen Uhrzeiten verzeichnet. Ein Dutzend Stimmen am 31. Januar am frühen Nachmittag. Ein paar am 1. Februar, abends vor sieben Uhr. Etwa 70 Stimmen am 2. Februar: die meisten um die Mittagszeit, ein paar am Morgen, einige am Nachmittag. Etwa zwei Dutzend am 3. Februar abends nach 20 Uhr, einzelne morgens. Und so weiter, und so fort.

Dabei kamen die Stimmen oft, aber nicht immer im Abstand von ein paar Sekunden. Und in ein paar Dutzend Fällen stammen sie auch von IP-Adressen, die nichts mit dem KRZN zu tun haben.

(RP)
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