Erkelenz Ziel ist die Unterstützung zur Selbsthilfe

Erkelenz · Jakob C. Terhaag ist neuer "Lotse für Menschen mit Behinderung" im Kreis Heinsberg. In der Sitzung des Lokalen Teilhabekreises Erkelenz wurde der Ehrenamtler vorgestellt. Sein erklärtes Ziel: die Hilfe zur Selbsthilfe.

 Jakob Carl Terhaag ist im Behindertenrecht ausgebildet und will Menschen mit Behinderung bei Problemen und Behördengängen zur Seite stehen. Seine Erfahrung kann anderen nutzen.

Jakob Carl Terhaag ist im Behindertenrecht ausgebildet und will Menschen mit Behinderung bei Problemen und Behördengängen zur Seite stehen. Seine Erfahrung kann anderen nutzen.

Foto: RENATE RESCH-RÜFFER

Wenn man ihn zum ersten Mal sieht, scheint einem unweigerlich der Gedanke an den "Lotsen" Otto von Bismarck gar nicht mehr sehr weit hergeholt: imposante Statur, buschige Brauen über den Lidern und ein grauer Bart, der das Gesicht umspielt. Doch schon hier endet die Analogie der beiden Lotsen. Denn Jakob Carl Terhaag hat in seinen Lebenskämpfen gelernt, mit Worten gegen Ungerechtigkeiten vorzugehen. Bismarck hat das "Schiff" längst verlassen, Terhaag ist erst seit wenigen Tagen an Bord: als Behinderten-Lotse.

Im Auftrag des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales des Landes NRW bildet das Zentrum für selbstbestimmtes Leben (ZsL) Köln seit 2010 Lotsen für Menschen mit Behinderung aus. Warum man Jakob C. Terhaag im Kreis Heinsberg eingesetzt hat, wurde beim Treffen des Lokalen Teilhabkreises Erkelenz schnell deutlich, als seine tiefe Stimme den Raum durchdrang: "Ein Lotse führt andere Menschen sicher durch unbekannte Gewässer", sagte Terhaag. "Für Menschen mit Behinderung sind das oftmals Krankenkassen, Arztpraxen oder Behörden. Genau da setze ich mich für sie ein."

2012 wurde Terhaag speziell im Behindertenrecht ausgebildet. Er wird Hilfsbedürftige im Kreis Heinsberg durch den Paragrafen-Dschungel führen. Der pensionierte Eisenbahnbeamte erzählte, dass er in seinem Leben oft kämpfen musste. Seit 32 Jahren leidet er am Clusterkopfschmerz. Nur Medikamente können die permanenten Schmerzen im Kopf lindern. In schwierigen Zeiten hatte Terhaag 997 Anfälle pro Jahr. Er verlor seinen Job. Doch den Rechtsstreit mit seinem wenig einfühlsamen Arbeitgeber hat Terhaag gewonnen.

Diese Erfahrung wirft er nun für andere in die Waagschale: "Ich möchte euch einladen, wenn Fragen oder Probleme da sind: Ruft mich einfach an." Wissbegierde und Durchsetzungsvermögen zeichnen den Mann aus Waldfeucht aus, der statt Krimis zu verschlingen lieber stundenlang Gesetzbücher durchblättert.

Im "Bundesverband der Cluster-Kopfschmerz Selbsthilfe-Gruppe" setzt er sich bereits seit zehn Jahren ein, um sich und anderen zu mehr Lebensqualität zu verhelfen. "Anderen zu helfen, löst in mir etwas aus, ein warmes Glücksgefühl", sagte Terhaag. Die nötige Portion Idealismus, denn bezahlt wird der Ehrenamtler nicht. Dankbarkeit habe für ihn einen viel höheren Wert.

Den "Lotsen" Terhaag zeichnet aber auch aus, dass er genau weiß, in welche Richtung es nicht gehen soll. Der 60-Jährige werde "niemandem den Hintern nachtragen." Mit anderen Worten: Sein Ziel ist Hilfe zur Selbsthilfe. Ein Konzept, das sich schon in ganz anderen gesellschaftlichen Fragen bewährt hat. Und eine Idee, die auch den selbstbestimmten Menschen mit Behinderung im Kreis Heinsberg gefallen dürfte.

(jessi)
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