Emmerich BDK: Kripo kaum noch einsatzfähig

Emmerich · Der Bund Deutscher Kriminalbeamten (BDK) kritisiert Personalpolitik und Ausbildung bei der Polizei. Ohne die Bereitschaft zu Überstunden drohe der Behörde der Kollaps. "Einheitsausbildung" der Polizei in NRW sei "überholt".

Kürzlich hatte der Sprecher der Klever Staatsanwaltschaft, Oberstaatsanwalt Günter Neifer, beklagt, dass die Justizbehörde lange auf Ermittlungsergebnisse der Kriminalpolizei warten müsse, sich Strafverfahren deshalb lange hinziehen würden. Dies bestätigt nun Kriminalhauptkommissar Franz Koppers als Vorstandsmitglied des Bezirksverbandes Kleve im Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK). Doch der Gewerkschafter nennt auch eine Reihe von Gründen, warum sich die Ermittlungen der Klever Kripo in vielen Fällen derart hinziehen. Der Schwerpunkt seiner Kritik richtet sich gegen die Personalpolitik.

So gibt es im Kreis Kleve laut Franz Koppers weniger Stellen für Kriminalbeamte als vor zehn Jahren. "Dramatisch" werde diese Situation, da nicht nur die Zahl der zu ermittelnden Fälle in dem gleichen Zeitraum stark angestiegen sei, sondern auf Grund technischer Entwicklung (digitale Daten/Medien) und veränderter Strukturen in der Organisierten Kriminalität der Fahndungsaufwand wesentlich höher sei als früher. "Jeder Kollege und jede Kollegin engagiert sich weit über seine/ihre Pflichten hinaus auch unter Verzicht auf Freizeit, Erholung und Schlaf. Ohne diese Einstellung stünde die Kriminalpolizei der Kreispolizeibehörde Kleve nicht nur vor dem Kollaps, sondern läge im Sterben", schreibt Franz Koppers - und ist sich dabei "der Wahl dieser Worte sehr bewusst". "Das gilt für die gesamte Kriminalpolizei in NRW", bestätigt der BDK-Landesvorsitzende in NRW, Sebastian Fiedler, Franz Koppers Einschätzung

Beleg für die Überlastung der Kripo-Beamten sind für den BDK-Landesvorsitzenden zwei Millionen Überstunden, die 8500 Kriminalbeamten im Land "vor sich herschieben". Und laut Sebastian Fiedler kommen ständig neue Überstunden hinzu. "Wenn ein Kollege in einer Ermittlungskommission zum Einsatz kommt, kann er mit 200 weiteren Überstunden rechnen", sagt der Vorsitzende des BDK in NRW.

Dass Kripo-Beamte immer wieder von ihren eigentlichen Ermittlungsdienststellen "abgezogen" werden, um andere "Lücken" zu füllen, beklagt auch Franz Koppers. So seien Beamte aus Kleve 2010 im "Fall Mirco" über Wochen mit Ermittlungen im Raum Grefrath beschäftigt gewesen. Ebenso seien Kollegen bei landesweiten Aktionen wie "Riegel vor", die der Einbruchsvorbeugung dienen soll, im Einsatz. Auch im aktuellen Fall des Leichenfundes in Kalkar seien Klever Kripo-Beamte, die sonst andere Straftaten ermitteln, der Mordkommission zugeteilt worden. "Ihre eigentlichen Fälle bleiben liegen oder müssen von anderen Kollegen zusätzlich übernommen werden", meint der Gewerkschafter aus Kleve.

Die BDK-Funktionäre sehen Möglichkeiten, die Situation der Kriminalpolizei zu verbessern. Zum einen müsse der Anteil der Kripo-Beamten von derzeit etwa 23 Prozent an der Gesamtzahl der NRW-Polizeibeamten erhöht werden. 26 Prozent nennt Sebastian Fiedler als (Minimal-)Zielmarke. Zudem hält der BDK-Landesvorsitzende die "Einheitsausbildung" zum Schutzpolizisten, die in NRW jeder Polizist durchlaufen müsse, bevor er sich spezialisieren könne, für "überholt". Da es in Hessen, Berlin, Hamburg und Schleswig-Holstein Kripo-Ausbildungen gebe, wanderten Bewerber dorthin ab. Zudem sollten administrative Aufgaben - "in NRW stehen spezialisierte Kriminalisten am Kopierer oder bringen Fahrzeuge zur Inspektion", berichten die BDK-Gewerkschafter - an Angestellte übertragen werden. Ebenso könnten "Personalverschiebungen" innerhalb der Polizei die Einsatzfähigkeit der Kripo verbessern.

Auf keinen Fall dürfen solche Veränderungen jedoch laut Sebastian Fiedler zu einer Schwächung im Streifen- und Wachdienst bei der Schutzpolizei führen. Der BDK-Vorsitzende in NRW betont: "Bei der Schutzpolizei ist die Lage genauso wie bei der Kripo: Land unter!"

(RP)
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