Geschichte einer Geschwisterbeziehung Duisburg am Meer als apokalyptische Fiktion

Spannend vorgetragen: Sascha Pranschke las im Kreativquartier Ruhrort aus seinem neuen Roman.

 Das Cover des Buchs mit dem Geschwisterpaar Mara und Ben.

Das Cover des Buchs mit dem Geschwisterpaar Mara und Ben.

Foto: RP/Mike Michel

Eigentlich würde er liebend gern mehr Bücher schreiben, sagte Sascha Pranschke kurz vor seiner Lesung am Dienstagabend im Lokal Harmonie in Ruhrort im Gespräch mit dieser Zeitung, doch er müsse auch Geld verdienen. Und das verdiene er nun mal mehr und vor allem regelmäßiger mit seiner Dozententätigkeit bei Schreibwerkstätten und anderen Schreibprojekten, verriet der sympathisch auftretende Autor. Seit 2002 leitet Pranschke nämlich Workshops und Seminare für literarisches und journalistisches Schreiben im Auftrag verschiedener Bildungseinrichtungen und Institutionen.

Die fesselnd erzählte und in der Lesung spannend vorgetragene Geschichte seines neuen Buches „Am Ende der Welt liegt Duisburg am Meer“ hat das interessierte Publikum in Ruhrort schnell erreicht und in ihren Bann gezogen. Kein Wunder, denn die Veröffentlichung ist ein inhaltlich packender Roman, geschrieben in leicht verständlicher, höchst anschaulicher und anregender Sprache mit detailgenau beschriebenen Figuren und Figurenkonstellationen. So ließ der Verkaufserfolg auch nicht lange auf sich warten, existiert das Buch inzwischen schon als zweite Auflage. Grob inhaltlich geht es in dem Roman um folgendes, wie der Klappentext des Buches zusammenfasst: „Nach einer apokalyptischen Flut: Mara und Ben machen sich auf den Weg – raus aus ihrer halb versunkenen Heimatstadt, durch ein überschwemmtes Ruhrgebiet. Die Geschwister wollen einen besseren Ort zum Leben finden. Aber vorerst sind ihre Tage geprägt von der Suche nach einem trockenen Schlafplatz und der Frage, wem sie vertrauen dürfen. Auf ihrer Odyssee durch ein Land, in dem jeder sich selbst der Nächste ist, schlagen die Antihelden dieser packenden Roadstory sich so tapfer, wie nur Verzweifelte es können.“

 Autor und Schreib-Dozent: Sascha Pranschke.

Autor und Schreib-Dozent: Sascha Pranschke.

Foto: stadt mb

Ort der Handlung ist also das Ruhrgebiet, der Ausgangspunkt ist Duisburg. Der Roman beginnt im Duisburger Innenhafen nach „der Großen Flut“, wo Mara und ihr kleiner Bruder Ben zusammen mit der ehemaligen Kioskbesitzerin, der alten Sophie, ihren gemeinsamen Unterschlupf haben. Im Text heißt es: „Schon als die ersten Flüchtlinge aus dem Westen gekommen waren, hatte Sophie alles verteilt. Als dann die Plünderungen begannen, war bei ihr längst nichts mehr zu holen gewesen. Aber durch ihre Großzügigkeit hatte Sophie sich Achtung erworben. Man ließ sie in Ruhe. Und bei ihr fühlten sich Mara und Ben sicher.“

Doch es kommt, wie es (sich für diese apokalyptische Fiktion in dramatischer Weise förmlich anbietet und) kommen musste: Sophie als nunmehr wichtigste Bezugsperson für Mara und Ben stirbt: „Einfach so“, wie es im Buch heißt. So sind die Geschwister als Waisen fortan auf sich allein gestellt, ohne Eltern und ohne Sophie. Also machen sich die beiden auf den Weg Richtung Osten nach Dortmund, ins Landesinnere, wo ein gewisser Noah, seines Zeichens Schiffskapitän, rettungssuchende Menschen mit seinem Schiff in eine sichere Gegend bringen soll.

Den ganzen Roman über beschreibt Pranschke die Odyssee der Geschwister aus wechselnder Perspektive: „Mal benutze ich den Schulterblick von Mara, mal den von Ben“, erläuterte er seine Erzählweise. „Mir kam es nicht darauf an, die tatsächlichen Hintergründe der Flutkatastrophe aufzudecken oder Lokalkolorit authentisch wiederzugeben, auch wenn manche Orte mit wirklichem Namen fallen, wie zum Beispiel der Landschaftspark. Für mich ist der Roman in erster Line eine Geschichte über eine enge Geschwisterbeziehung.“ In gewisser Weise stehen insofern sowohl die Widmung (für Ella und Milan – das sind nämlich die Namen seiner Kinder) im Buch, als auch das vorangestellte Zitat (aus dem Grimm‘schen Märchen „Brüderchen und Schwesterchen“) des Romans im Zusammenhang mit der wiedergegebenen Geschichte, ob nun selbst gelesen, vorgelesen bekommen oder in Auszügen – wie jetzt in Ruhrort – bei einer Lesung gehört.

Sascha Pranschkes nächste Lesung ist bereits am  21. Februar, 19 Uhr, im Correctiv Buchladen, Akazienallee 10, 45127 Essen. Auf dem Youtube-Channel des Buchladens ist die Lesung auch im Livestream zu erleben.

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