Duisburg "Hier wird nicht indoktriniert"

Duisburg · Als vor sieben Jahren das Schülerwohnheim in Hochfeld eröffnet wurde, fürchteten viele Duisburger eine "islamistische Unterwanderung". Heute gilt die Einrichtung als vorbildlich in Sachen Integration.

Oberbürgermeister Adolf Sauerland gestand gestern beim Pressegespräch, dass auch er skeptisch gewesen sei, als im Jahr 2003 ein muslimisches Schülerwohnheim in Hochfeld eröffnet wurde. Damals war er noch Vorsitzender des Duisburger Schulausschusses. Quer durch die Parteien und die Duisburger Bevölkerung wurde damals geargwöhnt, dass es in einem Wohnheim, in dem etwa 30 muslimische Schüler im Alter von 12 bis 18 Jahren von montags bis freitags leben und übernachten können, nicht so zugeht, wie man es sich in einem christlich-demokratischen Umfeld wünscht. Gestern sagte Sauerland im großen Aufenthaltsraum des Hochfelder Wohnheims klipp und klar: "Hier wird nicht indoktriniert."

Ganz im Gegenteil: Das Hochfelder Wohnheim wird nun zu einem Modellprojekt einer neuen Integrationsmaßnahme, bei der die Otto Benecke Stiftung und der Verband der Islamischen Kulturzentren e.V. zusammenarbeiten. Das Modellprojekt hat einen Titel, der das Ganze erklären soll: "Partizipation von Migrantenorganisationen zur Verbesserung der Bildungs- und Jugendarbeit". Die Abkürzung geht leichter von den Lippen: PARTIMO.

Es geht bei PARTIMO darum, die bereits im Wohnheim bestehenden Aktivitäten zu verbessern. Dort wird schon jetzt Hausaufgabenbetreuung und Nachhilfeunterricht angeboten. Oberbürgermeister Sauerland und Jugendamtsleiter Thomas Krützberg sagten gestern gegenüber unserer Zeitung, dass sich die Lehrer durchweg positiv äußerten. Die "Wohnheim-Schüler", die alle öffentliche Schulen besuchen, konnten im Durchschnitt ihre Unterrichtsleistungen deutlich steigern — im Vergleich zum Lernen nur im Elternhaus. Nach Krützbergs Erkenntnissen seien die "Wohnheim-Schüler" im Stadtteil keineswegs isoliert, sondern nähmen am üblichen Jugendleben teil.

PARTIMO soll das bisher schon Erreichte noch optimieren. Dazu wird, wie es Prof. Dr. Ursula Boos-Nünning, Bildungswissenschaftlerin an der Uni Duisburg-Essen formulierte, die "Königsform der pädagogischen Hilfe" angeboten: der Förderunterricht. Darüber hinaus werden Wissenschaftler der Uni das Modellprojekt wissenschaftlich begleiten. Neben der schulischen Förderung werde auch eine noch stärkere interkulturelle Öffnung angestrebt.

Das Modellprojekt wird nur im Hochfelder Schülerwohnheim und im Bildungs- und Kulturverein in Köln-Ehrenfeld durchgeführt. Seyfi Ögütlü, Generalsekretär des Verbandes der Islamischen Kulturzentren e.V. (VIKZ), hofft aber, dass die gemachten Erfahrungen auf die insgesamt 300 VIKZ-Gemeinden übertragen werden können.

(RP)
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