Gesundheit Wenn Zähne krank machen

Düsseldorf · Der Zahnmediziner Marcel A. Wainwright sieht in der Mundhöhle das Übel vieler Krankheiten. Ein Schnelltest könnte Aufklärung verschaffen, entsprechende Zahnpflege ist unerlässlich.

 Der Kaiserswerther Zahnmediziner Marcel A. Wainwright sieht Zusammenhänge zwischen Befunden im Mundraum und Volkskrankheiten wie Diabetes oder Herzinfarkten.

Der Kaiserswerther Zahnmediziner Marcel A. Wainwright sieht Zusammenhänge zwischen Befunden im Mundraum und Volkskrankheiten wie Diabetes oder Herzinfarkten.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Strahlendes Aussehen — das meint heute mehr denn je: schöne, gepflegte Zähne. In den vergangenen zehn Jahren hat die Zahnheilkunde eine rasante Entwicklung gemacht. Zahnärzte sind nicht mehr nur zum Bohren da, sie sind Schönheitsspezialisten. Dieser Trend zeigt sich in Düsseldorf besonders, wo auf Schönheitsmessen gerne mit den Fertigkeiten der Zahnmediziner geworben wird. Marcel A. Wainwright ist einer dieser "modernen" Zahnärzte, doch er steht neben dem Bedürfnis der Patienten nach strahlender Optik noch für eine zweite, in der herkömmlichen Zahnmedizin eher stiefmütterlich behandelte Disziplin: Ganzheitlichkeit.

Wainwright ist Implantologe und Parodontologe und plädiert für ein übergreifendes Miteinander in der Medizin. Seine Botschaft ist simpel: "Kranke Zähne deuten auf einen kranken Körper hin." In zahlreichen Studien sei inzwischen der Nachweis erbracht, dass bestimmte Parodontitiskeime in der Mundhöhle zu Krankheiten führen. "Das ist klinisch belegbar", sagt Wainwright. "Es gab schon Hirnabzesse mit tödlichem Ausgang, wo entsprechende Keime nachgewiesen worden sind." Dass beispielsweise Hüftprothesen oder Brustimplantate abgestoßen werden, könne ursächlich an den Keimen im Mund liegen. Auch bei Volkskrankheiten wie Diabetes oder Herzinfarkten seien Zusammenhänge mit Befunden im Mundraum festgestellt worden. "Nicht umsonst ist jeder Herzspezialist angewiesen, seine Patienten vor einer Operation noch zum Zahnarzt zu schicken", weiß der Spezialist. Bei solchen Eingriffen herrscht erhöhtes Infektionsrisiko. Da muss jede mögliche Entzündungsquelle ausgeschlossen werden.

Wainwright weiß, dass seine Zunft mit diesen Erkenntnissen noch ganz am Anfang steht. Umso mehr plädiert er für einen Schnelltest, der zumindest Risikogruppen ganz schnell Klarheit verschaffen kann. "Bei Schwangeren gibt es ein dreifach erhöhtes Risiko einer Frühgeburt, wenn die Keime im Mund nachgewiesen werden." Grundsätzlich sei ein Test für jedermann sinnvoll, findet der Zahnarzt und weist damit Richtung Gesundheitspolitik. "Es könnten Milliarden eingespart werden." Immerhin liege laut Wainwright bei 80 bis 90 Prozent der Patienten entzündlich verändertes Zahnfleisch vor. Und so kann es für den Dentalspezialisten nur eines geben: Das Übel an der Wurzel packen, bevor teure Zahnoperationen oder Prothesen erforderlich werden — oder in Folge der Parodontitis durch den Körper wandernde Keime noch schlimmere Krankheiten verursachen.

Dazu gehört neben dem Speicheltest (Kosten: rund 30 Euro) in erster Linie die Prophylaxe, für die jeder Patient selbst verantwortlich ist (siehe Kasten) und bei der der Zahnarzt den Deutschen kein besonders gutes Zeugnis ausstellt. "Das Bewusstsein für die Zahnpflege muss sich ändern." In skandinavischen Ländern, beispielsweise Norwegen, konnte, so Wainwright, die Parodontose-Problematik mit entsprechender Aufklärung und Vorsorge um 80 Prozent reduziert werden.

Wainwright hat an der RWTH in Aachen Zahnmedizin studiert und ist gefragter Referent bei Kongressen weltweit. Er war zahnmedizinischer Betreuer der deutschen Olympiamannschaft in Peking, lehrte an der Uni Düsseldorf und Sevilla und ließ sich 2007 mit seinen Kollegen Martin Jörgens und Caroline Kentsch in Kaiserswerth als "Dentalspecialists" nieder. Dass zahnkosmetische Behandlungen von Bleaching bis Veneers, für die die Praxis auch steht, nur in wenigen Fällen von Krankenkassen übernommen werden, findet er legitim. Friseur- oder Kosmetikerbesuche würden schließlich auch vom Kunden selbst bezahlt.

(RP/jco)
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