Oberbilk/Stadtmitte Fotografin macht Unschärfe zu Kunst

Oberbilk/Stadtmitte · Die Künstlerin Ute Sweekhorst arbeitet in Workshops mit Kindern und Jugendlichen. Eigene Projekte blieben lange auf der Strecke. Im Stadtmuseum präsentiert die Oberbilkerin zurzeit ihre erste Ausstellung. Titel der Schau: "FERNsehen".

 Am Computer bearbeitet Ute Sweekhorst die Fotos, die sie zuvor während ihrer Auslandsreisen gemacht hat. Dabei wählt sie gern Bilder aus, deren Motive nicht auf den ersten Blick zu erkennen sind.

Am Computer bearbeitet Ute Sweekhorst die Fotos, die sie zuvor während ihrer Auslandsreisen gemacht hat. Dabei wählt sie gern Bilder aus, deren Motive nicht auf den ersten Blick zu erkennen sind.

Foto: Schaller,Bernd

Der Blick eines Fotografen sucht ständig nach interessanten Motiven. Auch Ute Sweekhorst schaut stets genau auf ihre Umgebung. Als sie im vergangenen Jahr eine Reise auf die indonesische Insel Bali plante, rechnete sie mit zahlreichen Impressionen. In den asiatischen Tropen angekommen, blieb Sweekhorsts Kamera aber erst einmal liegen.

"Bali ist perfekt und wunderschön", sagt die Fotografin. "Für mich bot diese künstlich wirkende Idylle aber keine Herausforderung." Sweekhorst griff auf einen Trick zurück, den sie schon auf anderen Reisen anwendete: Sie fotografierte aus einem fahrenden Auto heraus und machte ein interessantes, rätselhaft wirkendes Bild. Es ist zurzeit mit anderen Fotos in Sweekhorsts erster Ausstellung zu sehen. Der Titel der Schau lautet "FernSEHEN".

Das Bali-Foto zeigt ein nahezu undurchschaubares Wirrwarr an tief-grünen Farnen. Durch die Bewegung der Kamera sind einige Bilddetails verschwommen und geben dem Auge des Betrachters weitere Rätsel auf. Ein rundes Objekt mitten im Motiv zieht den Blick auf sich. Dieser Kreis scheint gar nicht in die Urwaldszene zu passen und wirkt wie künstlich einkopiert. Aber Ute Sweekhorst winkt ab. "Es ist ein Hohlspiegel. Er ist zwischen den tropischen Pflanzen auf einem Mast befestigt und steht an einer Kreuzung. Wie in Europa auch hilft dieser Spiegel den Autofahrern, in tote Winkel zu blicken und sich in den Verkehr einzureihen."

Den Trick, mit Unschärfe und aus der Bewegung heraus zu fotografieren, machte Sweekhorst im Laufe der Jahre zu einem eigenen Stilmittel. Dies zeigt auch ihr Bild "Seven Mile Bridge" aus dem Jahr 1997. Während eine Freundin das Auto über die fast sieben Meilen lange Brücke zwischen den Florida Keys steuerte, hielt Sweekhorst die Kamera aus dem Fenster. Sie verpasste aber den richtigen Zeitpunkt, um die Brücke direkt aufzunehmen. So blieb ihr nur noch eine Aufnahme des Abbilds im Rückspiegel des Autos.

Für die Ausstellung "FernSEHEN" stellte Sweekhorst fünf Abzüge her: Jeder zeigt eine andere Ausschnittsvergrößerung, was wie ein Zoom wirkt. So ist die Dynamik der Aufnahmesituation auf der Brücke noch heute gut zu erkennen.

Ute Sweekhorsts Leidenschaft für Kunst wurde geweckt, als sie zur Kommunion einen Fotoapparat geschenkt bekam. "Ich begann sofort, alles Mögliche aufzunehmen", sagt die 50-Jährige. "Meine unscharfen und verwackelten Aufnahmen gefielen mir besser als die scharfen Bilder. Was andere Leute aussortieren würden, klebte ich damals sorgfältig in meine Alben ein." Sie studierte Visuelle Kommunikation und arbeitete als Grafik-Designerin in der Mode-Branche. Seit zehn Jahren ist sie freischaffende Künstlerin und gibt Workshops für Kinder und Jugendliche. "Dabei habe ich stets auch eigene Bilder gemacht, aber nie öffentlich gezeigt", sagt sie. Eines Tages sah eine Freundin und bekannte Künstlerin die Bilder Sweekhorsts und ermunterte sie, nicht ausschließlich für andere zu arbeiten, sondern eine eigene Ausstellung zu realisieren. Das Stadtmuseum stellte ihr einen Ausstellungsraum zur Verfügung, weil Sweekhorst und ihre Schüler gut mit dem Stadtmuseum zusammenarbeiten. In der Schau "FernSEHEN" zeigt sie 17 eigene Fotos aus den vergangenen 30 Jahren. "Den Titel wählte ich, weil er Fernweh mit Sehnsucht verbindet", sagt sie.

(lod)
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