Niederkassel Wirtsleute seit sechs Generationen

Niederkassel · 1641 wurde das Haus erbaut, das die Familie Meuser 1853 ersteigerte. Bei Einheimischen und Prominenten ist es beliebt.

 Mehr als ein Brau- und Bierhaus: Meuser in Niederkassel ist eine Institution, die Tradition und Gegenwart in besonderer Weise verbindet.

Mehr als ein Brau- und Bierhaus: Meuser in Niederkassel ist eine Institution, die Tradition und Gegenwart in besonderer Weise verbindet.

Foto: Jana Bauch

Meuser - dieser Name ist weit über Düsseldorfs Grenzen hinaus ein Begriff. Mit dem Zusatz "Im alten Bierhause" steht er für traditionelle, nach wie vor geschätzte dörfliche Gastlichkeit. Über die an der Nachfrage orientierten gastronomischen Entwicklungen gibt es viel zu erzählen. Noch mehr Gesprächsstoff aber bietet das Haus, in dem sich das alles abspielt. 1641 erbaut, blicken die alten Mauern auf 376 Jahre zurück. In den Besitz der Familie Meuser aber kam die Hausbrauerei erst 1853, als der Büdericher Franz-Wilhelm Meuser das Haus mit Inventar ersteigerte. Er und seine Frau Katharina nahmen den Schankbetrieb wieder auf und eröffneten außerdem eine Bäckerei.

 Glaskunst-Fenster erzählen unter anderem die Geschichte des Treidelns auf dem Rhein.

Glaskunst-Fenster erzählen unter anderem die Geschichte des Treidelns auf dem Rhein.

Foto: Jana Bauch

"Bis 1991 haben wir hier in einem kleinen Laden Brot verkauft. Früher wurden Ponys vor einen Wagen gespannt, um das Brot zu den Kunden zu bringen", erinnert sich Elisabeth König, geborene Meuser. Die 80-Jährige ist noch heute im Gaststättenbetrieb aktiv, greift dem Team um Bierhaus-Chef Andreas Meuser unter die Arme. Er führt das Haus in fünfter Generation, während die sechste schon in den Startlöchern steht. Andreas Meuser erinnert an die unter der Regie seines Vaters Laurentius erfolgten Umbauten, aber vor allem an die erhaltene Originalsubstanz: "Giebelfront und einzelne Wände sind noch immer aus Lehm und Stroh. Ein Teil der Deckenkonstruktion wird von Ulmengebälk getragen und 20 Zentimeter unter dem Fußboden der Gaststube ist der als Rheinkiesel-Mosaik gestaltete Boden erhalten."

 Die Familie hält zusammen: Bierhaus-Chef Andreas Meuser und Elisabeth König, geborene Meuser.

Die Familie hält zusammen: Bierhaus-Chef Andreas Meuser und Elisabeth König, geborene Meuser.

Foto: Jana Bauch

Jahr für Jahr investiert Andreas Meuser eine beachtliche Summe, um den Bestand zu erhalten. Er vertraut der Substanz. Schließlich hat das Haus schon einige Bewährungsproben überstanden - darunter den Dreißigjährigen Krieg sowie 1784 das große Rhein-Hochwasser. Vom Hochwasser berichtet neben der Eingangstür eine Tafel mit entsprechenden Daten. Und auch die Gasträume, die "Grote Stoov" und "Em Roßwaage", erzählen Geschichte und Geschichten. Die Bezeichnung "Em Roßwaage" erklärt Elisabeth König: "Im Raum, hinter dem früher die Ställe waren, hatte nur ein Postwagen Platz." Heute ist dort nicht nur die Ahnengalerie zu sehen. Auch die Glaskunst-Fenster zum Biergarten stehen für die Historie. Sie erzählen die Geschichte des Treidelns, des Martinsfestes oder des letzten Niederkasseler Schmieds. "Mein Vater hat die Fenster im Krieg im Hof vergraben, um sie zu schützen", erinnert sich Elisabeth König. Sie kann auch zu jedem der Gemälde, die in der "Grote Stoov" hängen, etwas erzählen. Dort ist "Nidderkassel" so zu sehen, wie es früher war: "Wo heute die Nordbrücke über den Rhein führt und die schicken Häuser stehen, gab es nur Wiesen und Felder, dort haben wir gespielt." Elisabeth König kann auch erklären, wo früher das abgebildete Leichenhäuschen stand: "Darin stand der Pferdewagen, auf den der Sarg geladen wurde." Auch über die Meusers selbst, die früher dazugehörige Ziegelei und ein Pferdetransport-Unternehmen gibt es viel zu erzählen.

 Ein Teil der Deckenkonstruktion des Hauses aus dem 17. Jahrhundert wird von Ulmengebälk getragen.

Ein Teil der Deckenkonstruktion des Hauses aus dem 17. Jahrhundert wird von Ulmengebälk getragen.

Foto: Jana Bauch

Eines aber wird nicht verraten - das Rezept des legendären Speckpfannekuchens. Die noch heute äußerst beliebte Spezialität ist Hermann-Josef Meuser zu verdanken. Er kredenzte den bis zu einem Meter Umfang betragenden deftigen Pfannkuchen den Arbeitern, die aus Holland kamen, um beim Aufbau der Ausstellung "Gesolei" zu helfen. Das war 1926. Später profitierten davon auch die "Im alten Bierhause" ein- und ausgehenden Künstler. Für sie war die Gaststätte zur zweiten Heimat geworden. Hermann Meuser spendierte ihnen Speckpfannekuchen und dafür überließen sie ihm schon mal ein Kunstwerk. Einige noch heute in der "Grote Stoov" hängende Bilder sind seiner Sammelleidenschaft zu verdanken. Sie machen mit den in einem Wandschrank aufbewahrten alten Gebetbüchern, den hinter dem Tresen aufgereihten Bartmannskrügen und den in die Deckenbalken eingravierten Namen alter Niederkasseler Familien nicht nur die Geschichte des Bierhauses, sondern auch den dörflichen Charakter Niederkassels sichtbar. Keine Frage: Gemeinsam mit dem gastronomischen Angebot ist es der Familie gelungen, die alten Mauern mit dem Geist von heute zu verbinden.

(RP)
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