Awista-Geschäftsführer Henning Friege "Müll ist wichtige Quelle für Rohstoffe"

Düsseldorf · Die Awista stellt sich auf Änderungen der Abfallwirtschaft ein. Der Service für die Bürger muss dabei ständig verbessert werden. Im Interview sprach die RP mit Henning Friege über den "Dreck-weg-Tag" und die Aufgaben für die Zukunft.

 Henning Friege ist Geschäftsführer der Awista.

Henning Friege ist Geschäftsführer der Awista.

Foto: Bernd Schaller

Herr Friege, gestern war wieder Dreck-weg-Tag. Ist es ein schlechtes Zeugnis für Awista, wenn Bürger selbst die Stadt säubern?

Friege Nein. Denn es nicht der Sinn des Dreck-weg-Tags, die professionelle Reinigung von Awista zu ersetzen. Die Bürger säubern die Ecken, wo unsere Reinigungstrupps normalerweise nicht hinkommen, beispielsweise Bahndämme, Grünstreifen in Parks oder versteckte Plätze. Die Initiative wurde vor 15 Jahren von Bürgern und Institutionen wie der Messe gestartet, damit das Erscheinungsbild der Stadt nicht durch Dreckecken beeinträchtigt wird. Awista hat die Initiative unterstützt, stand mit an der Wiege des Dreck-weg-Tags.

Aber die professionelle Reinigung ist durchaus nicht immer perfekt. Wie ist die Sauberkeit einer Stadt zu gewährleisten?

Friege Durch ständiges Hinterherlaufen hinter dem Müll, um ihn zu beseitigen. Die umfassende Reinigung ist Forderung und Auftrag der Stadtverwaltung, und den müssen wir erfüllen. Aber 100-prozentige Reinigung ist nicht möglich, wir robben uns jedoch an die 100-Prozent-Marke immer wieder heran.

Mit welchen Mitteln?

Friege Vor allem durch größere Verantwortung der Teams. Der Vorarbeiter ist dafür verantwortlich, dass das Revier seines Teams in Ordnung ist. Er muss die Einsätze planen und wenn nötig nachbessern lassen. Wir sehen aber, dass die Teams sehr motiviert sind. Zudem werden sie durch moderne Technik unterstützt, beispielsweise durch neue Kleinkehrmaschinen, die durch vertikale Achse sozusagen knicken können und beweglicher sind.

Die Dienstleistungen von Awista werden schon mal heftig kritisiert. Wie gehen Sie mit Beschwerden um?

Friege Wir gehen jeder Beschwerde nach und beheben die Fehler, beispielsweise ungeleerte Mülltonnen, so schnell wie möglich, garantiert innerhalb von drei Tagen. Manchmal wird auch die Arbeit durch äußere Umstände behindert, können zum Beispiel unsere Trupps auch wegen Baustellen in Straßen nicht hineinfahren. Das meldet der Fahrer dem Kundencenter, das dann bei Beschwerden schon Auskunft geben kann. Wir halten die Beschwerdequote unter 0,1 Prozent, das ist eine Beschwerde auf tausend Dienstleistungen. Damit liegt unsere Dienstleistung für Düsseldorf im Vergleich mit anderen Städten sehr gut.

Awista ist seit 1999 kein städtisches Amt mehr, sondern ein Privatunternehmen, wird aber von vielen noch als Sauberkeitsmädchen für alles angesehen. Kann Awista damit leben?

Friege Awista hat zwar keinen allumfassenden Auftrag mehr, muss aber Dienstleistungen für die Stadt bringen. Wir stimmen uns problemlos mit städtischen Ämtern und der Rheinbahn ab, wenn Aufgaben zu erledigen sind. Die Motivation der Mitarbeiter ist hoch, ihren Job gut zu erledigen, weil sie sich mit der Stadt und derem guten Aussehen identifizieren. Und es spricht ja auch für das Image von Awista, wenn wir gerufen werden, auch wenn wir nicht zuständig sind.

Sie haben als Umweltdezernent der Stadt seinerzeit die Privatisierung vorangetrieben. Aus welchen Grund?

Friege Die Antwort auf die Liberalisierung des Entsorgungsmarktes konnte nur eine konsequente betriebswirtschaftlich ausgerichtete Struktur sein. Die Strategie war, alles aus einer Hand anzubieten und die Wertschöpfung bei den Dienstleistungen und Arbeitsfeldern komplett zu bekommen.

Was waren große Herausforderungen der Umstellung?

Friege Ein neues Rollenverständnis musste durchgesetzt werden. Awista war plötzlich ein Unternehmen, musste um Kunden werben, musste ein eigenes Vertriebssystem aufbauen und sich um die Auslastung kapitalintensiver Anlagen wie Deponie und Müllverbrennungsanlage kümmern.

Im Wettbewerb müssen Gewinne erwirtschaftet werden, gibt es Konkurrenz zu anderen Unternehmen. Ist das mit gutem Service zu vereinbaren?

Friege Am Service soll nicht gespart werden. Kunden können nur durch Qualität gewonnen werden. Unseren Kunden ist es nicht gleichgültig, wie sorgfältig wir unseren Job machen und was mit ihren Abfällen passiert. Ihnen ist das klar, dass Kunden durch Qualität überzeugt werden müssen, damit Aufträge hereinkommen und Arbeitsplätze gesichert werden.

Aber sie müssen doch rationalisieren, um im Wettbewerb bestehen zu können.

Friege Sicherlich. Aber wir nutzen technische Entwicklungen, um die Arbeit zu erleichtern und um die Leistung zu steigern. So sind beispielsweise Lastwagen mit halbmechanischer Kippung eingeführt worden. Die Müllwerker brauchen die Tonne nicht mehr zur Leerung hochstemmen, sondern der Behälter wird vom Boden aus hochgezogen. Wir haben den zuerst umstrittenen Seitenlader eingeführt. Die Zahl von Fahrzeugen mit niedrigem Einstieg wird zunehmen. Durch solche und ähnliche Verbesserungen wird Spielraum gewonnen, um zusätzliche Leistungen zu erbringen.

Welche technischen Neuerungen sind zu erwarten?

Friege Es wird keine technischen Revolutionen geben, sondern einige Verbesserungen. So probiert Awista bald eine neue Ladetechnik für die runden 110-Liter-Mülltonnen aus. Weitreichender wäre eine Einführung von Unterflur-Containern, die in anderen Ländern schon verbreitet ist. In neuen Wohnvierteln können unterirdische Plätze für große Müllcontainer gebaut werden anstelle von Standplätzen für viele Tonnen. Die Bewohner können den Müll bequem durch Einfüllschächte entsorgen. Das Erscheinungsbild des Viertels ist schöner, und die Müllwerker können den Abfall schneller und problemloser abtransportieren. Leider sind Architekten für solche Lösungen noch zu wenig sensibilisiert.

Wie sieht es mit der Technik in den Anlagen aus?

Friege Die Elektronik wird beim Aussortieren von Wertstoffen eine größere Rolle spielen, damit die Recyclingquote verbessert wird. Das ist aber nur bei trockenen Stoffen wie Kunststoffen oder Metallen möglich. Bei feuchtem Hausmüll versagen solche Systeme, Abfall aus der Reststofftonne wird daher auch in Zukunft nicht sortiert werden können. Die Mülltrennung ist wichtig. Der Biomüll aus der braunen Tonne kann möglicherweise besser genutzt werden, wenn er bei der Kompostierung fermentiert und damit Methangas gewonnen wird. Entsprechende Ergänzungen der Kompostierungsanlage sind im Gespräch.

Wird sich die Abfallentsorgung in den kommenden Jahren ändern?

Friege Awista wird sich auf den demografischen Wandel und auf ältere Bürger einstellen müssen durch zusätzlichen Service, der an die Entsorgung gekoppelt ist. Es ist beispielsweise denkbar, dass wir Angebote machen, um den Müll direkt aus den Wohnungen von Senioren abzuholen.

Rechnen Sie mit Änderungen in der Abfallwirtschaft?

Friege Weil die Rohstoff-Ressourcen knapper werden, wird das Recycling von wertvollen Materialien wichtiger werden, beispielsweise von Nicht-Eisen-Metallen. Schon heute werden bis zu 50 Prozent des Kupfer- und Aluminiumbedarfs aus dem Abfall gedeckt. Die Trennung der Rohstoffe wird eine große Bedeutung bekommen. Heute werden bereits von den Herstellern, etwa von der Auto-Industrie, bestimmte Materialien nach weltweiten gekennzeichnet, damit sie beim Ausschlachten der Wagen gezielt gesammelt werden können.

MICHAEL BROCKERHOFF FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP/ac)
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