Dormagen - Kabarett in der „Kulle“ Wenn Kabarettisten einmal die Seiten wechseln

Dormagen · Was bleibt Kabarettisten noch zu tun, wenn ihnen die Politik längst ihr Geschäft abgenommen hat, und unentwegt Realsatire vom Feinsten produziert?

Beispiele gibt es zuhauf, ob es nun um „das Haarteil, das sich sein eigenes Wirtstier sucht“, alias Donald Trump, oder den türkischen Sultan Erdogan geht: Neben der Resignation blieben eigentlich nur die Alternativen des noch härteren Draufschlagens oder aber der Satiriker wechselt seinerseits die Seiten, um kraft eines ganz neuen Amts nach dem und den Rechten zu sehen.

Jens Neutag hat sich in seinem aktuellen Programm „Mit Volldampf“ für Letzteres entschieden und unterhielt damit die sich nicht eine Sekunde langweilenden 200 Besucher in der Kulle zwei Stunden lang aufs Beste. In „Stadtkirchen“ einer mittleren Kleinstadt wie aus dem Bilderbuch, wirft er seinen Hut in den Ring, als es einen neuen Oberbürgermeister zu wählen gilt.

Auch wenn dies alles ganz in der Manier heute Vierzigjähriger nicht mit dem rechten Nachdruck geschieht und das Ja schnell zum Nein werden könnte. Dabei ist das Leben, nicht nur in der Politik, vor allem durch Entscheidungen geprägt, wie Neutag gleich eingangs deutlich machte: „Die Entscheidungen begleiten uns von morgens bis abends. Sie fangen bereits beim Frühstück an. Zudem sind die Entscheidungen heutzutage viel komplexer.“ Auch wenn er eher unversehens auf den Wahlzettel gerät: Am Ende wird er knapp gewählt und kann seines Amtes walten.

Dass ihm in dem nicht bloß Verehrer über den Weg laufen, wird schnell klar. Gerade „alte Freunde“ können sich als fiese Widersacher erweisen, wenn irgendwo noch eine Rechnung offen ist. Zwar kann sich der frisch gebackene Bürgermeister zugute halten, einem Kumpel den Junggesellenabend ausgerichtet zu haben, doch wiegt für den das Manko schwerer, dass seine Ex-Braut anschließend dankend auf die Hochzeit verzichtete. Nach mancherlei verwirrenden Einblicken, die der „Oberbürgermeister von Stadtkirchen“ gewinnen kann, ist letztlich doch der Rücktritt fällig, samt dem Bekenntnis des Satirikers zur permanent nötigen Aufklärung.

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