Die Neuausgabe des Romans 2018 wurde in den USA ein Riesen-Erfolg und von der amerikanischen Presse als „literarische Sensation“ gefeiert. Bereits ein Jahr danach liegt jetzt auch eine deutsche Übersetzung mit dem Titel „Ein anderer Takt“ vor. Der Roman spielt in dem kleinen Städtchen Sutton im tiefen Süden der USA, wo im Juni 1957 ein schwarzer Farmer ohne jede Vorankündigung Salz auf seine Felder streut, sein Vieh schlachtet, sein Haus niederbrennt und mit seiner Familie nach Norden zieht. Sein Aufbruch wird für die Farbigen von Sutton zum Signal für einen spontanen Massen-Exodus aus der Stadt, dem sich nach und nach auch alle übrigen Farbigen des Staates anschließen.

Ein besonders raffinierter Kunstgriff des Romans ist es, den Exodus aus der Sicht der Weißen – und hier besonders der liberalen und human eingestellten Weißen – zu schildern und an ihren Reaktionen deutlich zu machen, wie fest die rassistischen Vorurteile in den Köpfen der Weißen verankert sind.

Die am Ende allein in Sutton zurückbleibenden Weißen reagieren zunächst verblüfft und ratlos und dann aggressiv auf den für sie rätselhaften Auszug der schwarzen Menschen.

William Melvin Kelley verzichtet in diesem packend zu lesenden und zugleich erschreckend aktuellen Plädoyer gegen den Rassismus auf jede Schwarz-Weiß-Zeichnung und überzeugt auch mit den einfühlsam erzählten Lebensgeschichten seiner weißen wie seiner schwarzen Protagonisten. Eine lange im Gedächtnis bleibende Lektüre-Erfahrung!

William Melvin Kelley: Ein anderer Takt, Hoffman und Campe Verlag, 2019