Sabine Gruber liest aus ihrem Südtirol-Krimi

Das Dorf Stillbach in Südtirol ist ausgedacht, nicht aber ist der SS-Sturmbannführer Erich Priebke, der heute, 99 Jahre alt, in Rom lebt, als verurteilter Kriegsverbrecher unter Hausarrest steht. Mitverantwortlich für das Massaker an Zivilisten in den Ardeatinischen Höhlen im Jahr 1944: ein Racheakt als Folge eines Bombenanschlags von antifaschistischen Widerstandskämpfern auf ein Polizeiregiment aus Bozen. Im Buch wird Priebke zum Gespenst.

Romanautorin Sabine Gruber las im Heine-Haus aus ihrem Roman "Stillbach oder die Sehnsucht" (C.H. Beck, 379 Seiten, 19,95 Euro). Bei einer Rahmenhandlung, einer Binnengeschichte und vielen Liebesbeziehungen, mit einer Verklammerung von Wirklichkeit und Konstruktion, Geschichte und Gegenwart, Privatem und Politik, im Wechsel der Perspektiven verschiedener Personen muss jede Kurzbeschreibung des Buchs sehr kompliziert wirken, bekannte Literaturkritiker Hubert Winkels im Gespräch mit Gruber. Doch er, der dieses Werk sehr empfiehlt, beruhigt alle: Das Lesen sei einfach.

Gruber schmunzelt wie eine schöne Sphinx darüber. Dass in ihrer erfundenen Hauptfigur Burger eine Buchstabenvertauschung von Gruber steckt und im Vornamen Sabine auch eine Ines, dieser Flirt von Existenz und Erfindung wird nicht erörtert. Ist vielleicht zu banal für so einen sehr geistreichen Abend.

Den unbefangenen Zuhörer, gewieft im Krimilesen, beschleicht das Gefühl, er werde auf falschen Fährten verwirrt. Nur so aber kann man hier für eine vielschichtige Story werben, die tief in verdrängten Heimat- und Schuldgefühlen von Südtirol wurzelt.

(RP)
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