Integration in der Kita „Kinder kommunizieren ganz anders miteinander“

Düsseldorf/Köln · Eine Mutter aus Essen beschwert sich, ihr Sohn werde in der Kita isoliert, weil die anderen Kinder kein Deutsch sprechen. Ursula Englert von der Kita Maria Hilf in Köln Kalk kann dieses Problem nicht nachvollziehen - trotz eines hohen Anteils von Kindern mit Migrationshintergrund.

 Ein Sandkasten mit Spielzeug für Kleinkinder (Symbolbild).

Ein Sandkasten mit Spielzeug für Kleinkinder (Symbolbild).

Foto: dapd, dapd

Eine Mutter aus Essen hatte auf Facebook ein Video veröffentlicht, in dem sie berichtet, dass ihr Sohn in einer Gruppe von 24 Kindern das einzige deutsche Kind sei. Deshalb finde er keinen Anschluss. Laut der Stadt Essen stimmt es zwar, dass in der Gruppe nur zwei Kinder einen deutschen Pass haben. Einen Anhaltspunkt für Sprachprobleme gebe es aber nicht.

Auch in Köln Kalk leben viele Menschen mit einem Migrationshintergrund. Wir haben Ursula Englert von der inklusiven Kita Maria Hilf in dem Stadtbezirk gefragt, wie die Kinder dort miteinander zurecht kommen. Englert ist die stellvertretende Leiterin der Einrichtung und die Beauftragte für die sprachliche Entwicklung der Mädchen und Jungen.

In Köln Kalk leben sehr viele Menschen mit Migrationshintergrund. Spiegelt sich das auch in Ihrer Kita wider?

Ursula Englert Ja. In jeder Gruppe haben wir 70 bis 80 Prozent Kinder mit Migrationshintergrund. Insgesamt kommen 86 Kinder hierher.

Das Sprachniveau ist also sehr unterschiedlich?

Englert Genau. Wir haben einige Kinder, die ganz neu in Deutschland sind und überhaupt kein Wort Deutsch sprechen. Andere sprechen es sehr gut und wieder andere sprechen in ihrer Familie ihre Muttersprache und bekommen nur dann Übung in Deutsch, wenn sie nicht Zuhause sind.

Sorgt die Sprachbarriere für Probleme zwischen den Kindern?

 Ursula Englert ist stellvertretende Leiterin der Inklusiven Kita Maria Hilf in Köln Kalk. Außerdem ist sie zuständig für die sprachliche Bildung der Kita-Kinder.

Ursula Englert ist stellvertretende Leiterin der Inklusiven Kita Maria Hilf in Köln Kalk. Außerdem ist sie zuständig für die sprachliche Bildung der Kita-Kinder.

Foto: Ursula Englert

Englert Nein, überhaupt nicht. Kinder kommunizieren ganz anders miteinander. Vor allem die jüngeren interessieren sich gar nicht für solche Dinge wie Herkunft, Hautfarbe und auch Sprache. Sie tauschen sich über Mimik, Gestik und spielerisch aus. Bei uns würde das auch deswegen stark auffallen, weil wir viele Förderkinder hier haben. Ausgegrenzt wird aber niemand.

Sie versuchen also nicht, die Sprachunterschiede zwischen den Kindern durch spezielle Spiele auszugleichen?

Englert Nein, so etwas machen wir gar nicht. Wir haben eine halbe Stelle, die dafür zuständig ist, alltagsintegrierte sprachliche Förderung mit den Kindern zu machen. Dafür bin ich selbst zuständig, das heißt, ich berate und unterstütze das Kita-Team bei der alltagsintegrierten sprachlichen Förderung.

Was bedeutet das?

Englert Dass die Kinder nebenbei die deutsche Sprache lernen und ihren Wortschatz ausbauen. Dafür werden alle Alltagshandlungen bewusst versprachlicht, damit die Kinder die Sprache schnell lernen. Ich reiche einem Kind also nicht einfach ein Glas, sondern sage dazu: „Ich gebe dir ein Glas Wasser.“ Oder wenn die Kinder jünger sind, wird beim Memoryspielen bewusst jedes Bild benannt. Aber wir zeigen den Kindern auch, dass wir ihre Muttersprache wertschätzen.

Wie?

Englert Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Jeden Morgen werden die Kinder in ihrer Muttersprache begrüßt und zwar von den Leiterinnen ihrer Gruppe. Die lernen die entsprechenden Sätze von den Eltern der Kinder. Die sind morgens gerade in der ersten Zeit dabei und können den Erzieherinnen die richtige Formulierung und Aussprache zeigen.

Das heißt, wegen sprachlichen Problemen sitzt nie ein Kind weinend in der Ecke?

Englert Nein. Wenn die Kinder beleidigt sind oder weinen, dann eben wegen den typischen Dingen aus denen Kinder schmollen: weil ihnen ein Spielzeug weggenommen wurde, weil sie hingefallen sind und das Knie weh tut oder weil sie finden, dass jemand mal doof zu ihnen war.

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