Rosenmontagszüge Ganz Deutschland ist heute jeck

Mit den Rosenmontagszügen ist in den Karnevalshochburgen der Höhepunkt der "Fünften Jahreszeit" erreicht worden. In Köln, Düsseldorf, Bonn, Mainz und auch im baden-württembergischen Rottweil wurden wie in jedem Jahr mehrere Millionen Zuschauer erwartet. Auch die Minusgrade konnten die Jecken der Republik nicht vom Feiern abhalten.

Rosenmontagszug 2010: Das waren die Mottowagen
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Rosenmontagszug 2010: Das waren die Mottowagen

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Unter begeisterten "Alaaf"-Rufen ist am Rosenmontag bei eisigen Temperaturen der Karnevalszug in Köln gestartet. Mehr als 11.800 Teilnehmer machten sich gegen 10.30 Uhr vom Chlodwigplatz aus auf den gut 6,5 Kilometer langen Weg durch die verschneite Innenstadt der Karnevalshochburg. Mehrere hunderttausend bunt kostümierte Jecken schunkelten sich bereits am Morgen unter dem Motto "In Kölle jebützt" (In Köln geküsst) warm. Erwartet wurden bis zu einer Million Zuschauer.

Internationale Politik aufs Korn genommen

Auf mehreren Wagen fuhren Prominente mit, darunter Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, Star-Komiker Dirk Bach oder Regisseur Sönke Wortmann. Uwe Ochsenknecht musste kurzfristig absagen, weil er die Grippe bekommen hatte.

Die Kölner Wagenbauer nahmen in diesem Jahr besonders die internationale Politik aufs Korn. Zu sehen waren unter anderem Ratten, die in Badehose und mit Sonnenbrille das sinkende Schiff "Klimakonferenz" verließen. Ein anderer Wagen zeigte den iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad, wie er vor den Augen eines bewaffneten Cowboy-Obamas ein trojanisches Pferd mit einer Atombombe zieht.

Sein Fett weg bekam auch der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi, der im vergangenen Jahr vor allem mit seinem Liebesleben und vermeintlichen Affären Schlagzeilen machte: Der Kopf des 73-Jährigen schwamm in einem Meer von Frauenbrüsten, die mit Namen wie Gina oder Gundula versehen waren.

Anspielungen auf Pfusch beim U-Bahn-Bau

Ebenfalls veräppelt wurde die sich seit fast einem Jahr hinziehende Aufklärung des Einsturzes des Kölner Stadtarchivs. Drei Affen als Vertreter der Kölner Verkehrs-Betriebe, der Gutachter-Zunft und der Stadt Köln haben sich auf einem Trümmer-Berg mit der Aufschrift "Aussitzen" niedergelassen. Wenige Meter von ihnen entfernt macht sich in Anspielung auf den nun bekanntgewordenen Pfusch beim Bau der Kölner U-Bahn ein Bauarbeiter mit einem Stahlträger auf und davon.

Insgesamt bahnten sich bei Temperaturen um minus drei Grad am Montag rund 130 Fest-, Prunk- und Persiflagewagen sowie 120 Musikkapellen ihren Weg durch die Massen. Auf das närrische Volk sollte ein Regen von mehr als 300 Tonnen Süßigkeiten, 700.000 Tafeln Schokolade, 220.000 Schachteln Pralinen und tausenden Stoffpuppen niedergehen.

"Jeck we can!" in Düsseldorf

In Düsseldorf ging der Umzug gegen 12.35 Uhr los. Unter dem diesjährigen Motto "Jeck we can!" ziehen 69 Wagen, 40 Kapellen und 5500 Jecke durch die Stadt. Der Zugweg ist fünf Kilometer lang. Die Karnevalsgesellschaften wollen rund 50 Tonnen Wurfmaterial unters närrische Volk bringen.

Mit großer Spannung wurden vor allem die Motto-Wagen erwartet, mit denen der Düsseldorfer Umzug seit Jahren immer wieder großes Aufsehen erregt. "Es wird der schönste und frechste Zug Deutschlands", sagt Zugleiter Hermann Schmitz. Auch in Düsseldorf bekam Berlusconi sein Fett ab: Ein Wagen zeigte ihn mit einem Mafioso beim Vollzug der Homo-Ehe. Ebenfalls im Visier der Düsseldorfer Karnevalisten war US-Präsident Barack Obama. Auf einem Wagen war er als "gefallener Engel" nachgebildet, der mit seinem Kopf unsanft auf dem Boden der Realität aufschlägt. Was auf dem Düsseldorfer Zug passierte, lesen Sie hier>>>

2500 Teilnehmer in Krefeld erwartet

In Krefeld setzte sich der Zug um 12.11 Uhr mit rund 2500 Teilnehmern in vielen Fußgruppen und auf 24 Wagen, begleitet von 21 Musikkapellen, vom Sprödentalplatz in Bewegung. Was in Krefeld passierte, lesen Sie hier>>>

Bonn: "Bönnsche Saache, drövver Laach"

Auch in Bonn waren die Narren los: Der "Zoch" unter dem Motto "Bönnsche Saache, drövver Laache" (Bonner Sachen, drüber lachen) startete um 12.00 Uhr mit Prinz Amir I. und Bonna Uta I. an der Spitze. Mehr als 3600 Teilnehmer und 60 Wagen machten sich von der Thomas-Mann-Straße aus auf den gut 3,8 Kilometer langen Weg durch die verschneite Innenstadt.

In Münster und Bottrop waren ebenfalls die Jecken los. In Essen stand der Rosenmontagszug unter dem Motto "Jeder weiß hier anne Ruhr, Karneval ist auch Kultur".

Mainz: "Die Fassenacht kennt keine Krise"

Ab 11.11 Uhr begann in Mainz der Umzug unter dem Motto: "Bei uns in Meenz gilt die Devise, die Fassenacht kennt keine Krise". Rund 9800 Narren machten sich auf den Weg durch die Innenstadt. Viele der 15 Motivwagen nahmen die Bundespolitik aufs Korn. Unter dem Titel "Honeymoon" ist Bundeskanzlerin Merkel zu sehen, wie sie Außenminister Guido Westerwelle als Ehemann über die Schwelle trägt: "Zwar macht er Sprüch als starker Mann, doch Angie hat die Hosen an, derum gibt es schon nach kurzer Zeit, im Honeymoon den ersten Streit."

Der Streit um Steuersenkungen und Haushaltskonsolidierung in der Koalition fand sich ebenfalls auf einem Motivwagen wieder. Dabei war zu sehen, wie Merkel und Westerwelle verzweifelt Lottoscheine ausfüllen in der Hoffnung, den Jackpot zu knacken: "Lotto ist ein letzter Trick, zum Glücksspiel wird die Politik."

Aber auch die SPD wurde von den Mainzern verspottet. So zeigte einer der närrischen Wagen eine Eisscholle, auf der ein Eisbär und ein Sozialdemokrat gleichermaßen gegen den Untergang kämpften: "De Eisbär ist total bedroht, die SPD is aach in Not."

Hundert Jahre alte Verkleidung beim Rottweiler Narrensprung

Auch weiter im Süden der Republik wurde am Rosenmontag gefeiert. Rund 10.000 Narren und Zuschauer versammelten sich zum Rottweiler Narrensprung. Auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) besuchte den traditionsreichen Umzug. Erstmals war es auch möglich, den Rottweiler Narrensprung per Webcam der Stadt im Internet mitzuverfolgen. Die Narren zogen traditionell in teilweise hundert Jahre alten Verkleidungen durch die historische Innenstadt.

Mehr zum Thema Karneval finden Sie in unserem großen Special.

(AP/tim)
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