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Düsseldorf Lokalpolitiker: Wer soll die bezahlen?

Düsseldorf · Um die beschlossene Anhebung der Aufwandsentschädigungen für kommunale Spitzenämter ist ein Streit entbrannt. Viele Politiker und Städte lehnen die Erhöhung ab. Andere wiederum finden sie gerechtfertigt.

Wenn Michael Bay ausrechnet, wie viel Zeit er für seine Tätigkeit in der Klever Kommunalpolitik jede Woche investiert, kommt er schnell auf 15 Stunden. "Es gibt Tage, da habe ich einen 16-Stunden-Tag, davon entfallen nur acht Stunden auf meinen eigentlichen Beruf", sagt Bay, der in seiner "Freizeit" als Vorsitzender des Umwelt- und Verkehrsausschusses sowie stellvertretender Schulausschussvorsitzender in Kleve tätig ist. Dafür erhält er bislang - wie alle anderen Klever Ratsmitglieder auch - eine Aufwandsentschädigung von 290,20 Euro. "Ich habe mal ausgerechnet, dass ich dabei auf einen Stundenlohn von 4,50 Euro komme. Insofern halte ich die Erhöhung der Aufwandsentschädigung für Ausschussvorsitzende für gerechtfertigt", sagt Bay.

In Nordrhein-Westfalen ist die Höhe der Aufwandsentschädigungen der Kommunalpolitiker in der Entschädigungsverordnung festgesetzt. Der Betrag richtet sich nach der Einwohnerzahl. In Duisburg sind den Ratsmitgliedern zum Beispiel 576,80 Euro sicher, die allerdings noch zu versteuern sind. Denn so hoch ist der Satz für Kommunalpolitiker in NRW-Städten mit mehr als 450.000 Einwohnern.

Demnach sollen künftig auch alle Ausschussvorsitzenden (bis auf den Wahlausschuss) den einfachen Satz zu der bisherigen Aufwandsentschädigung als Rats- beziehungsweise Kreistagsmitglied bekommen. Das ist eines der Ergebnisse der Ehrenamtskommission des NRW-Landtages, die sich zwei Jahre lang damit beschäftigte, das Ehrenamt zu stärken - insbesondere auf kommunaler Politikebene.

Für den Mönchengladbacher Ratsherren Frank Boss (CDU), Vorsitzender des Ausschusses Sport, Freizeit und Bäder in Mönchengladbach, bedeutet das eine Verdoppelung seiner bisherigen Aufwandsentschädigung von monatlich 481,30 auf 962,60 Euro. Das Geld spende er Vereinen, sagt er. Deshalb sieht er die Erhöhung auch positiv.

Doch das sehen nicht alle so. Weil die Mehrkosten zu Lasten der Kommunen gehen, regt sich in einigen Städten bereits massiver Widerstand. So sprach sich der Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschuss der Gemeinde Jüchen am vergangenen Montag bereits einstimmig gegen eine Aufwandsentschädigung für Ausschussvorsitzende aus. "Ich brauche sie nicht für meine Motivation", betont Jüchens SPD-Ratsherr Joachim Drossert, der auch Vorsitzender des Schulausschusses ist. Unmutsbekundungen kommen auch aus Xanten. Der dortige Bürgermeister Thomas Görtz (CDU) kritisiert, dass die neue Regel seiner klammen Kommune jährliche Mehrkosten von mehr als 20.000 Euro beschere. Bedauerlich sei es, dass die meisten Städte sich zuvor bereits nach ausführlichen Diskussionen auf einen generellen Verzicht geeinigt hätten. "Und nun kommt dieser Erlass und stellt alles auf den Kopf."

Der Städte und Gemeindebund kann nachvollziehen, wenn sich Kommunen aus finanziellen Gründen gegen den Erlass wehren. "Sparsamkeit hat denselben Stellenwert wie die Maßnahme, finanzielle Anreize zu schaffen für das Ehrenamt", sagt ein Sprecher des kommunalen Spitzenverbandes.

Helmut Rohden (CDU), Rentner und Vorsitzender des Planungsausschusses in Erkrath, lehnt die Erhöhung ab, obwohl er sie für gerechtfertigt hält, weil der Vorsitzende schließlich die meiste Arbeit habe. "Ich brauche gar keine Aufwandsentschädigung", sagt Rohden, der bislang für seinen Vorsitz 150 Euro pro Monat erhalten hat. Auch Jörg Becker (Linkspartei), Vorsitzender des Kulturausschusses in Solingen, möchte nicht mehr Geld für seine Tätigkeit haben. Schon jetzt gebe er die Hälfte seiner Bezüge an seine Partei weiter.

Überhaupt sei Geld doch das völlig falsche Zeichen, wenn es um die Anerkennung in der Kommunalpolitik gehe, meint Wolfgang Scheffler (Grüne). Gut 400 Euro im Monat erhält der Vorsitzende des Schulausschusses im Düsseldorfer Rat bisher. "Was soll das so kurz vor der Wahl, wo doch die Kritik am vermeintlichen ,Establishment' und seinen Privilegien immer weitere Kreise zieht? Das ist richtig kontraproduktiv." Besser fände Scheffler, der in Sitzungsmonaten "mehr als zehn Stunden pro Woche" und bisweilen elf- oder zwölfstündige Marathon-Beratungen erlebt, Ratsleuten, die nicht im öffentlichen Dienst arbeiten, unter die Arme zu greifen. "Dem Metzgermeister stundenweise eine Aushilfe zu bezahlen, das fände ich klasse, weil wir solche Menschen in der Politik brauchen."

Christian Pakusch (CDU), Vorsitzender des Planungsausschusses der Stadt Willich, bedauert es hingegen, dass der Erlass mancherorts in Frage gestellt werde. "Die Empfehlungen wurden mit einer breiten Mehrheit von Regierung und Opposition beschlossen", sagt er. "Kommunalpolitiker leisten eine wichtige Aufgabe. Sie treffen Entscheidungen, die den Bürger unmittelbar vor Ort betreffen", betont Pakusch.

Der Moerser Fraktionschef der Grünen und Vorsitzende des Ausschusses für Personal und Feuerwehr, Christopher Schmidtke, hat generell nichts gegen eine Erhöhung. "Aber wir machen das ja nicht für das Geld, sondern aus Freude an der Politik."

(RP)
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