Frau von Helge Achenbach veröffentlicht Buch Dorothee Achenbach blickt zurück im Zorn

Düsseldorf · Im Plauderton berichtet Dorothee Achenbach über die fast anderthalb Jahre seit der Verhaftung ihres Mannes. Ihr Buch "Meine Wäsche kennt jetzt jeder" ist auch eine Abrechnung mit ihm, mit den Medien und der Justiz.

 Ein Bild aus noch unbeschwerten Tagen: das Ehepaar Dorothee und Helge Achenbach im Jahr 2011.

Ein Bild aus noch unbeschwerten Tagen: das Ehepaar Dorothee und Helge Achenbach im Jahr 2011.

Foto: Endermann, Andreas (end)

Über Helge Achenbach ist in den vergangenen Monaten viel geschrieben worden. Über seine Geschäfte mit den Reichen und Superreichen, über die Kunstwerke und Oldtimer, die er an seine Kunden vermittelte, und über die "Collagen", mit denen er nach eigener Aussage nicht abgesprochene Preisaufschläge versteckte. Die beiden schriftlichen Urteile - zu rund 20 Millionen Euro Schadenersatz und zu sechs Jahren Haft wegen Betruges und Untreue - werden derzeit noch juristisch überprüft. Jetzt hat auch die Frau des Kunstberaters zur Feder gegriffen, um ihre Sicht der Dinge darzustellen.

Dass sie den Mann, der sich als Berater engagieren ließ und wie ein Händler abgerechnet hat, in ihrem Buch ausgerechnet Krämer nennt, mag zum humoristischen Konzept des Buchs gehören, dessen Titel "Meine Wäsche kennt jetzt jeder" auch nicht eben ein nachdenkliches Werk verspricht. Dabei hat die Geschichte, die Dorothee Achenbach mit bisweilen beißendem Humor erzählt, durchaus Züge einer echten Tragödie.

Der Heimflug aus Washington, auf dem sie ihren Mann so rabiat auffordert, endlich sein Blackberry auszuschalten, dass dabei ihr E-Reader zu Bruch geht; die Landung in Düsseldorf, nach der das Ehepaar von der Polizei in Empfang genommen wird; schließlich der Haftbefehl wegen Untreue und Betruges, der sie denken lässt: "Damit kenne ich mich als Ehefrau des Beklagten zwar seit letztem Sommer leider bestens aus, aber das ist in unserem Kulturkreis ja nicht strafbar. (Wobei ich denke: Schade eigentlich.)"

Trotzdem besorgt sie ihm ein Mettbrötchen und frische Wäsche, die sie ihm in ihrer Handtasche mitgibt. "Wie er mit dieser gelben Damenhandtasche unterm Arm zurück in das Präsidium geht, ist das Letzte, was ich die nächsten Wochen von ihm sehen werde."

Helge Achenbach am Tag des Urteils im Landgericht Essen
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Helge Achenbach am Tag des Urteils

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Foto: dpa, ve fpt

Zurück bleibt die Frau des Kunstberaters mit ihren Kindern und demnächst eingefrorenen Konten, mit internationalem Medieninteresse und mit Gerichtsvollziehern, die sich die Klinke des schicken Stadthauses in die Hand geben. Die Society-Lady muss plötzlich auf den Cent achten, entdeckt die Sonderangebote unten in den Supermarktregalen und dass No-Name-Produkte auch gut schmecken. Und dass ihre Designer-Kleider im Second-Hand-Laden keinen nennenswerten Beitrag für die Haushaltskasse bringen.

Der Ehemann, der sich in der U-Haft nicht um die nächste Mahlzeit sorgen muss, kommt unterdessen zu neuen Einsichten "Ich habe jetzt verstanden. Es gibt ein Leben jenseits des Strebens nach Reichtum. Eine höhere Ebene" zitiert sie "wortgetreu und nicht korrigiert" aus den Briefen ihres Krämers, dem sie durchaus zum Vorwurf macht, dass er in seiner Zelle von ihrem Existenzkampf keine Vorstellung hat. "Wenn ich das in unserer Situation lese, bekomme ich Schnappatmung. Gerne würde ich auch in höheren Sphären schweben."

Ihre Verfassung sei "kongruent" zum Bild gewesen, das Düsseldorf am Morgen der Verhaftung bot: Während Bernhard Krämer mit seiner Frau über den Atlantik schwebte, hatte Pfingstorkan Ela die Landeshauptstadt schwer verwüstet. Wohl niemand möchte mit der Frau tauschen, die kaum noch schlafen und noch weniger essen kann, beinahe täglich mit neuen Schlagzeilen und neuen juristischen Forderungen konfrontiert wird. Sie fühlt sich verfolgt von der - auf 225 Seiten namenlos bleibenden - "Witwe", der sie persönliche Motive für die Strafanzeige gegen den Kunstberater unterstellt, die dessen Lebenswerk im Dominoeffekt zusammenbrechen ließ - und dazu gehört auch seine Familie.

Dorothee Achenbach rechnet ab mit ihrem Mann, an dem sie im Lauf der immer länger werdenden Haftdauer auch durchaus positive neue Seiten entdeckt. Mit dessen Ex-Frau, die bei ihr nach Unterhalt fragt und mit den Freunden, die sie im Stich lassen.

Sie wehrt sich gegen Medien, von denen sie sich verfolgt und bloßgestellt fühlt, spottet über die Justiz und kämpft auch gegen die brodelnde Gerüchteküche. Dabei tappt die Autorin allerdings in die Bettina-Wulff-Falle: Sie gibt in ihrer Selbstdarstellung mehr indiskrete Anworten, als man je hätte erfragen wollen. Details aus ihrer Wäscheschublade jedenfalls sind erst durch ihr Buch aktenkundig.

Wen derlei Einzelheiten interessieren, der wird sich mit "Meine Wäsche kennt jetzt jeder" bestens amüsieren. Und wer schon lange auf ganz private Stellungnahmen eines inhaftierten Kunstberaters gewartet hat, dürfte ebenfalls auf seine Kosten kommen. Geradezu unverzichtbar ist das Buch für die Gattinnen undurchsichtiger Führungskräfte: Sie lernen - für den Fall der schlimmen Fälle -, beim Gang zum Haftrichter nicht ausgerechnet eine gelbe Handtasche dabei zu haben. Und auch worauf man sonst noch achten muss, wenn die Staatsanwaltschaft die Briefe an den Angetrauten mitliest.

Eigentlich ist es eine ziemlich traurige Geschichte.

(RP)
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