Interview "Gegenüber den Roma existiert ein Kanon an Klischees"

Herr Dietzsch, wie beurteilen Sie als Mitarbeiter des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung die Situation im "Problemhaus"?

Herr Dietzsch, wie beurteilen Sie als Mitarbeiter des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung die Situation im "Problemhaus"?

Martin Dietzsch Wir sind sehr beunruhigt über die Zuspitzung. Mich erinnert das an die aufgeputschte Stimmung Anfang der 90er Jahre, als es Anschläge auf Wohnhäuser von Zuwanderern gab. Ich hoffe, dass sich die Lage wieder beruhigt. Doch der Stadt Duisburg gelingt es nicht, den Konflikt zu entschärfen. Wenn man ein solches Problem sich selbst überlässt, brennen irgendwann die Häuser.

Wie lässt sich ein funktionierendes Miteinander herstellen?

Dietzsch Ein sozialarbeiterischer Zugang zu den Menschen ist wichtig, Beratung, Integrationshilfen, Sprachkurse für alle und kostenlos. Die Stadt könnte da mehr tun, andererseits fehlt das Geld. Das macht es schwieriger, aber nicht unmöglich. Mit der größeren EU-Freizügigkeit ab 2014 dürfen die Zuwanderer jedoch arbeiten, das könnte ihre prekäre Situation entspannen.

Ist nicht ab 2014 mit noch mehr Zuwanderern zu rechnen?

Dietzsch Die Horrorszenarien, die da aufgebaut werden, halte ich für unverantwortlich. Aus Ungarn oder Polen ist Deutschland auch nicht überrannt worden. Diese Wanderungen sind gewollt, man muss sie nur managen.

Was kann man tun, damit sich die Situation nicht weiter verschärft?

Dietzsch In der angestammten Bevölkerung vermitteln, Vorurteile abbauen. Vor allem gegenüber den Roma existiert ein jahrhundertealter Kanon von Klischees. Da kommt keine anonyme Masse auf uns zu, sondern eine neue Welle von Einwanderern, wie sie Duisburg schon oft erlebt – und integriert – hat.

J. ISRINGHAUS FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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