Altersvorsorge "Es gibt keine sicheren Renten"

Frankfurt/Main · Die Verbraucher sollen, ja müssen privat fürs Alter vorsorgen. Ob ein Riester-Vertrag sich lohnt, ist umstritten. Die Regierung verspricht mehr Transparenz im Wust der Angebote.

Zuschussrente, Garantierente, Solidarrente - die Konzepte im Check
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Foto: dpa, Klaus-Dietmar Gabbert

Die Rente ist nicht mehr sicher. Doch an diesem Punkt endet dann auch schon die Übereinstimmung der Experten. Im Jahr elf nach Einführung der Riester-Rente wird unvermindert über Sinn und Unsinn der mit Steuergeldern geförderten zusätzlichen Altersvorsorge gestritten. Die Regierung will Licht ins Dickicht der Angebote bringen, Verbraucherschützer bleiben skeptisch. Am Ende so scheint es brauchen Verbraucher vor allem eines: Viel Vertrauen.

"Neun von zehn Verbrauchern bekommen Altersvorsorgeverträge angeboten und verkauft, die nicht zu ihrem Bedarf passen", schimpft Verbraucherschützer Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg am Donnerstag bei einer Tagung in Frankfurt. "Es geht halt nicht: Verkaufen und gleichzeitig bedarfsgerecht beraten."

Regelwerk zu komplex

Selbst Rentenexperte Bert Rürup, einst Wirtschaftsweiser und heute Berater bei der gemeinsamen mit dem umstrittenen AWD-Gründer Carsten Maschmeyer gegründeten MaschmeyerRürup AG, sagt: "Durch die Freiwilligkeit ist die Riester-Rente zum Push-Produkt geworden, was verkauft werden muss, was Vertriebskosten erhöht und einige Anbieter zu intransparenten Angeboten geführt hat." Rürup ist überzeugt: "Es gibt keine sicheren Renten."

Die Regierung legt den Finger in die Wunde. Union und FDP wollen - angesichts drohender Altersarmut für Millionen Durchschnittsverdiener - die staatlich geförderte private Altersvorsorge attraktiver machen. Künftig sollen Verbraucher beim Abschluss einer Riester-Rente genau wissen, wie hoch die Kosten sind und was am Ende garantiert herauskommt.

Ein Schritt in die richtige Richtung, finden auch Versicherer und Fondsanbieter. "Im Kern ist es erst einmal richtig: Aus diesem Wust von Informationen müssen wir dem Kunden etwas zur Verfügung stellen, das einfach ist", sagt Guido Bader von der Stuttgarter Versicherung. Allerdings habe der Staat mit seinem "Wunsch, es jedem recht zu machen" auch eine "brutale Komplexität" der Regeln geschaffen.

Als die damalige rot-grüne Bundesregierung ihr Rentenpaket im Mai 2001 durchsetzte, schwärmte Kanzler Gerhard Schröder (SPD) von einer der "wirklich historischen Reformen in der Sozialversicherung". Sie sollte für eine alternde Gesellschaft der breite Einstieg in eine kapitalgedeckte Zusatzvorsorge sein, um den Lebensstandard im Ruhestand zu sichern und die Beiträge zur gesetzlichen Rente im Zaum zu halten. Ende Juni 2012 gab es 15,6 Millionen Riester-Verträge.

Nur wer alt wird, macht ein gutes Geschäft?

"Die Produkte sind erheblich schlechter geworden, man muss oft sehr, sehr alt werden, damit sich das lohnt", urteilt Axel Kleinlein vom Bund der Versicherten. Und Gustav Horn vom gewerkschaftsnahen Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), einst Anhänger des Riester-Modells, hält inzwischen eine Rückkehr zum Umlagesystem wie in der gesetzlichen Rente für den besseren Weg.

Lohnt sich "riestern" also wirklich erst, wenn ein Sparer deutlich über 100 Jahre alt wird? Nein, betont Mark Ortmann vom Institut für Transparenz in der Altersvorsorge (ITA). Es sei allerdings schwierig, das optimale Produkt zu finden. Pauschalkritik am Riester-Modell weist er zurück: "Wir müssen die schwarzen Schafe schon benennen. Nur in Hollywood-Filmen ist alles nur gut oder nur böse."

Versicherungsexperte Jochen Ruß vom Ulmer Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften bekräftigt: "In fast allen Fällen lohnt sich die Riester-Rente." Natürlich sei nicht alles gut, ergänzt Ruß: "Aber wir müssen aufhören durch Falschaussagen, statistische Taschenspielertricks und methodisch falsche Studien das schlecht zu reden, was nicht schlecht ist. Denn das ist ein Beitrag zur Altersarmut."

(dpa)
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