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Boreout-Syndrom Langeweile im Job kann gefährlich sein

Zürich/Tübingen (RPO). Nichts zu tun am Arbeitsplatz - dieser scheinbare Traum entpuppt sich oft als Alptraum. Denn Langeweile im Job kann zu einem sogenannten Boreout führen, der nach Ansicht einiger Psychologen ähnlich gefährlich ist wie ein Burnout, also Überarbeitung.

Boreout: Wie gefährdet sind Sie?
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Foto: ddp

Was für eine herrliche Vorstellung: Nur zwei, drei Stunden am Tag arbeiten und die restliche Zeit im Büro für private Dinge nutzen. Von wegen, sagt das Schweizer Autoren-Duo Philippe Rothlin und Peter Werder: Für die meisten Arbeitnehmer sei das auf Dauer ein Alptraum. Die beiden Unternehmensberater aus Zürich halten es sogar für gefährlich, wenn zu wenig Arbeit anliegt - aus wirtschaftlicher Sicht und für die Gesundheit des Mitarbeiters. Sie warnen daher vor einem neuen Phänomen: dem "Boreout".

Boreout statt Burnout - gemeint sind damit Verhaltensmuster, hervorgerufen durch Unterforderung, Desinteresse und Langeweile im Job. Wer sich unterbeschäftigt fühlt, versuche meist zuerst, dies durch eine Beschwerde beim Vorgesetzen zu ändern. Nimmt der Arbeitsumfang trotzdem nicht zu, komme allmählich der Gedanke, dass es so schlecht nicht ist, wenig zu tun zu haben. Gefährlich sei dann aber die Feststellung: "Ich bin abends müde und ausgepumpt, weil ich zu wenig gemacht habe", sagt Philippe Rothlin.

Boreout zu wenig erforscht

In der Folge verhalte sich der Boreout-Betroffene paradox: Da sich kein Arbeitnehmer erlauben kann, am Schreibtisch Löcher in die Luft zu starren, entwickele er Strategien, um beschäftigt zu wirken, ohne es tatsächlich zu sein. Dieses Versteckspiel sei "anstrengend und belastend" und damit schlecht für die Gesundheit, warnt Rothlin.

Anders als das Stressphänomen Burnout ist der Boreout nach Ansicht der beiden Autoren bislang nicht hinreichend untersucht. Sie halten ihn aber für ähnlich bedrohlich. Kurt Stapf von der Universität Tübingen ist dagegen skeptisch. "Vorsicht bei neuen Begriffen, die noch nicht wissenschaftlich fundiert sind", sagt der Psychologie-Professor, der sich mit dem Phänomen "innere Kündigung" befasst hat.

Nach Ansicht der auf Belastungsphänomene spezialisierten Psychologin Gabriele Richter von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) in Dresden ist die Unterforderung eine unterschätze Größe im Berufsalltag. Sie verweist auf die "psychische Sättigung". Psychisch gesättigt ist, wer bei der Arbeit gegen Überdruss und Widerwille kämpft. "Tätigkeiten mit geringem Ansehen, Routine, fehlende Informationen oder widersprüchliche Anweisungen von Führungskräften" seien häufige Ursachen, "Frustration und innere Kündigung" die Folge, erklärt die Psychologin.

Bei der Jobwahl nicht nur aufs Gehalt achten

Wer innerlich kündigt, ist meist ein ehemals hoch motivierter Arbeitnehmer, der nur noch Dienst nach Vorschrift macht. Da er aber seine Stelle behalten will, versucht er, das sinkende Engagement zu verbergen — mit dem Effekt, deswegen ständig unter Stress zu stehen. "Unzufriedenheit im Job kann psychosomatische Phänomene wie Magenbeschwerden oder Verspannungen verursachen", sagt Richter. Empfehlenswert sei dann ein Tätigkeitswechsel.

Peter Werder und Philippe Roth raten, schon bei der Jobsuche nicht nur auf das Gehalt zu achten, sondern auch nach Sinn und Umfang der Arbeit zu fragen: Alle drei Elemente müssten gleich stark gewichtet werden. Nur so lasse sich ein Boreout ausschließen - wer dennoch davon bedroht ist, sollte sich Gedanken über eine neue Stelle machen.

(gms)
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