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Minimalistisch Fahrzeuge für den Moped-Führerschein

Kein Autoführerschein und trotzdem etwas mit Dach fahren? Dafür hat die PS-Branche den Leichtkraftwagen als Lösung. Die Palette ist groß und vielseitig.

 Ligier ist eine Marke für Kleinstfahrzeuge aus Frankreich.

Ligier ist eine Marke für Kleinstfahrzeuge aus Frankreich.

Foto: dpa-tmn/Groupe Ligier

Mit dem Rocks-e wagt sich zum ersten Mal ein deutscher Volumenhersteller in ein Segment unterhalb des klassischen Pkw und wirft damit ein Schlaglicht auf die Klasse der sogenannten Leichtkraftwagen. Die ist für den Hersteller vor allem deshalb interessant, weil er damit eine völlig neue Zielgruppe erreichen kann. Der 2,41 Meter kurze Würfel auf Rädern, den Opel jetzt ab 7990 Euro in den Handel bringt, kostet in der Tat weniger als fast jeder konventionelle Kleinwagen.

Fahren darf man solche Modelle oft schon ab 15 Jahren. Ein Autoführerschein ist in der Regel nicht nötig. Es genügt meist ein Führerschein der Klasse AM, so wie man ihn etwa für Mopeds braucht. Diesen können seit Sommer 2021 schon 15-Jährige erwerben. Je nach Modell reicht auch eine Mofa-Prüfbescheinigung (Mofa-Führerschein).

Die Versicherung wird pauschal und preiswert über das Kennzeichen abgewickelt, so Thomas Schuster, Prüfingenieur bei der Sachverständigen-Organisation KÜS. Auch Kfz-Steuer wird keine fällig. Dafür macht der Gesetzgeber strenge Vorgaben, teilt der ADAC mit: „Sie haben vier Räder, ein oder zwei Sitzplätze, sind auf vier kW Leistung beschränkt, wiegen höchstens 425 Kilogramm und sind bauartbedingt maximal 45 km/h schnell.“

 In den 1950er-Jahren gab es schon einmal Kleinstfahrzeuge in größerer Verbreitung.

In den 1950er-Jahren gab es schon einmal Kleinstfahrzeuge in größerer Verbreitung.

Foto: dpa-tmn/Hauke-Christian Dittrich

Im Gegenzug verzichtet er allerdings weitgehend auf Crashtests und macht auch keine Vorgaben zur serienmäßigen Sicherheitsausstattung: Während Pkw ohne Airbags, ABS und ESP heute nicht mehr zugelassen werden dürfen, müssen bei den oft auch als Mofa-Autos geführten Minis meist die Gurte und allenfalls noch ein Fahrerairbag reichen. Selbst eine regelmäßige Hauptuntersuchen (HU) bleibt den Fahrzeugen erspart.

Mit Fahrzeugen wie der BMW Isetta oder dem Messerschmitt Kabinenroller kamen solche Kleinstwagen in den 1950er-Jahren schon einmal groß raus. Und spätestens seit 2004 sind sie wieder in aller Munde, als für solche Fahrzeuge eigens die Führerscheinklasse S eingeführt wurde. Die hat damals 16-Jährigen zum ersten Mal den frühzeitigen Umstieg auf vier Räder ermöglicht.

 Einige Kleinstfahrzeuge wie dieses Modell von Microlino setzen auf Formen nach historischem Vorbild.

Einige Kleinstfahrzeuge wie dieses Modell von Microlino setzen auf Formen nach historischem Vorbild.

Foto: dpa-tmn/Thomas Geiger

Das Angebot ist entsprechend groß und lebt vor allem von Marken aus Italien und Frankreich, wo solche Fahrzeuge sehr gebräuchlich sind. Hersteller wie Ligier, Aixam, Casalini oder Piaggio bieten laut ADAC zwischen etwa 10.000 und 20.000 Euro eine breite Modellpalette an. Vor allem die Elektrifizierung dürfte dieser Klasse noch einen Schub geben, glaubt Schuster nicht zuletzt mit Blick auf den Rocks-e: Man braucht keine großen und damit teuren Akkus. Und niemand erwartet riesige Reichweiten, fasst er die Vorteile zusammen. Kein Wunder also, dass zum Beispiel Renault den Twizy ebenfalls für diese Fahrzeugkategorie freigegeben hat und der Rocks-e eigentlich als Citroën Ami entwickelt wurde. Auch Seiteneinsteiger wie Microlino mit der elektrischen Isetta oder ACM mit dem City One kommen aus dieser Nische. Selbst wenn die Autos dann im Laufe der Entwicklung doch größer, stärker und schneller geworden sind und sich wie der Microlino mit Airbags und 90 km/h Spitze um mehr Nähe zum „echten“ Auto mühen.

Zwar sprechen viele gute Gründe für kleinere Fahrzeuge, vor allem in der Stadt. Doch so viele Probleme diese Minis lösen könnten, schaffen sie auch neue. Denn zumindest die Experten des ADAC lassen kaum ein gutes Haar an dieser Fahrzeuggattung. Weil es keine offiziellen Crashvorschriften gebe, habe der Test des Aufprallschutzes meist sehr ernüchternde Ergebnisse geliefert, schreibt der Club.

Die Fahrstabilität sei bei vielen Modellen fragwürdig. Gerade jüngeren Fahrern mangele es an Erfahrung – zumal die ihren Führerschein in der Regel auf zwei Rädern machen würden und nun auf vier Räder umsteigen könnten. Das Problem sind aber nicht allein die Technik und womöglich die mangelnde Übung des Fahrers, sagt KÜS-Mann Schuster. Sondern auch die Wahrnehmung durch die anderen Verkehrsteilnehmer ist kritisch: „Anders als ein Mofa kann man solche Leichtkraftwagen schnell mit einem konventionellen Kleinwagen verwechseln, schätzt dann etwa Tempo oder Beschleunigung falsch ein und provoziert womöglich gefährliche Begegnungen“, sagt der Experte. Der ADAC rät, dass sich Interessenten vor der Anschaffung über den Einsatzbereich klar werden sollten: „Der begrenzt sich sinnvollerweise auf die Stadt.“

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