Rabatte gehen zurück Chipmangel macht Autos teurer

Düsseldorf/Duisburg · Der Nachschub für die Fertigung fehlt. Das trifft Käufer günstiger Modelle besonders hart. Ein Auto-Abo könnte für den Übergang helfen, rät ein bekannter Wirtschaftsprofessor.

Der Lieferengpass bei Halbleitern trifft nicht nur die großen Autokonzerne wie VW, BMW oder Daimler, sondern auch deren Kunden. Darauf machen der Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer und die Unternehmensberatung EY in zwei neuen Studien aufmerksam. Nach Dudenhöffers Angaben sind die Internetrabatte für die 30 am meisten gefragten Autos in Deutschland seit August vergangenen Jahres von durchschnittlich 19,9 auf 17,9 Prozent gesunken.

Dabei erwartet der Leiter des Duis­burger Forschungszentrums CAR (Center Automotive Research) für den Herbst noch weniger Preisnachlässe: „Zu Beginn des Jahres waren die Lager der Händler und Importeure noch besser gefüllt“, sagt der Wirtschaftsprofessor. Aber die derzeitigen Kürzungen der Produktion inklusive Kurzarbeit wegen des Chipmangels würden nun dazu führen, dass immer weniger Wagen zur Verfügung stünden und in den Markt gedrückt werden müssten. Dudenhöffer fasst es so zusammen: „Die Autokäufer bezahlen ihren Beitrag zur Chipkrise mit deutlich längeren Wartezeiten und dünnen Nachlässen.“

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Laut EY können aktuell „Millionen Autos nicht gebaut und ausgeliefert werden, weil Halbleiter fehlen“. Der Mangel an Rechenchips für die Steuerung von Motor, Kühlung oder Fahrverhalten führe nun erstens dazu, dass die Autobauer sich auf die teuren Modelle konzentrieren – wer ein günstiges Auto kaufen will, muss besonders lange warten. Zweitens seien die Hersteller nicht bereit, großzügige Rabatte zu gewähren, weil sie die Wagen auch so loswerden. Und „weil der Neuwagenmarkt die Nachfrage nicht bedienen kann, weichen die Interessenten auf den Gebrauchtwagenmarkt aus“. Dort würden nun die Preise „entsprechend steigen“.

Die Käufer sind damit Opfer globaler Verwerfungen im Halbleitermarkt. Weil moderne Autos deutlich mehr Elektronik verbaut haben als früher, trifft es die Konzerne umso härter, dass eine Reihe an Lieferanten in der Krise steckt. „Chipmangel ohne Ende“, titelte bereits das „Handelsblatt“ am 3. August. So musste Infineon eine wichtige Fabrik in Malaysia für 20 Tage wegen der Pandemie schließen, im Frühjahr ließ ein Unwetter in Texas die Produktion stillstehen, im März wurde einTeil einer Chipfabrik von Renesa in Japan durch Feuer zerstört, einem für viele Autoanbieter wichtigen Speziallieferanten. Zugleich zieht global die Nachfrage nach Autos an, weil die Folgen der Pandemie in den meisten Ländern zurückgehen.

Insgesamt könnte es sein, dass die Hersteller auf globaler Ebene dieses Jahr rund 5,5 Millionen weniger Autos bauen könnten, als die Käufer gerne erwerben würden, schätzt Dudenhöffer. Dabei tragen die Autokonzerne einen Teil der Schuld an der Krise. Um Kosten niedrig zu halten, haben sie sich selten zu festen Abnahmemengen über die nächsten Jahre hin verpflichtet – nun, da alle Anbieter und auch deren Zulieferer deutlich steigende Mengen an Halbleitern schnell brauchen, fehlt der Nachschub. „Wir gehen davon aus, dass der Chipman­gel das ganze Jahr anhalten wird“, sagte Nikolai Setzer, Chef des Autozulieferers Continental, jüngst im „Handelsblatt“. „Wir fokussieren uns gemeinsam mit VW darauf, die Lieferkette am Laufen zu halten, das ist für uns auch derzeit das absolut Wichtigste.“ Das ist aber sehr teuer.

So drücken Zulieferer und Autohersteller gemeinsam die Preise für Halbleiter hoch, weil jeder bevorzugt die knappe Ware haben will. Und wenn dann Kontingente geliefert werden, wird auf das preisgünstige Anliefern per Schiff verzichtet; zur Freude von Deutscher Post DHL oder auch der Deutschen Lufthansa werden regelrechte Luftbrücken mit Frachtjets gebucht, um Halbleiter zu transportieren.

Conti musste allein im ersten Quartal Sonderfrachtkosten in Höhe von 70 Millionen Euro bezahlen. Für das Gesamtjahr dürfte dies mit 200 Millionen Euro zu Buche schlagen, schätzen Experten. „Die Zeiten, als man durch clevere Beschaffungsstrategien Engpässe ausgleichen konnte, sind inzwischen vorbei, was Sie an den Produktionsstopps in der Branche sehen. Das wird auch uns Umsatz kosten“, sagte Wolf Henning-Scheider, Chef des Conti-Konkurrenten ZF.

Wie sollen nun Privatkunden auf die Krise reagieren? Sie profitieren zwar möglicherweise, wenn sie einen gut erhaltenen Gebrauchtwagen verkaufen wollen, müssen aber oft umso länger auf ein Fahrzeug warten. Dudenhöffer rät dazu, als Übergangslösung ein sogenanntes Auto-Abo abzuschließen. Das entspricht einem Rundum-sorglos-­Leasingpaket. Der Kunde zahlt eine monatliche Rate, die alles abdeckt – etwa Steuern, Versicherung und Wartung. Treibstoff muss er selber zahlen.

Nach Dudenhöffers Rechnung kostet ein solches Abo für einen rund 42.000 Euro teuren Opel Insignia im Monat rund 470 Euro, für einen 3er-BMW im Wert von 57.000 Euro rund 550 Euro. Ein Abo kann auch lediglich für wenige Monate abgeschlossen werden. Dudenhöffer: „So lässt sich die Zeit überbrücken, bis es für Neuwagen wieder höhere Rabatte gibt.“

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