Größe, Ausstattung und Bremsen Das erste Fahrrad – was Eltern wissen müssen

Wenn der Nachwuchs mobil wird, kommt es nicht nur auf das richtige Rad, sondern auch auf das richtige Training für eine sichere Teilnahme am Straßenverkehr an. Worauf Eltern achten sollten und warum Stützräder und eine Signalfahne am Sattel keine Hilfe sind.

Das erste Rad muss so groß sein, dass das Kind gut mit den Füßen den Boden erreichen kann.

Das erste Rad muss so groß sein, dass das Kind gut mit den Füßen den Boden erreichen kann.

Foto: ©Verkehrswacht / Foto: Marcus Gloger

Das Wichtigste zuerst: Es gibt keine verbindliche Altersangabe, ab der ein Kind Radfahren lernen sollte und Radfahren können sollte. Jedes Kind ist anders in seiner motorischen und geistigen Entwicklung. Gerade beim Radfahren kommen schon sehr viele Handlungs- und Bewegungsabläufe zusammen, die man koordinieren muss, bis man es sicher beherrscht. Heiner Sothmann, Pressesprecher der Deutschen Verkehrswacht und selbst Vater eines kleinen Sohnes, weiß: „Die Anforderungen sind hoch, da man viele Dinge gleichzeitig beherrschen muss wie (an)fahren, treten, lenken, das Gleichgewicht halten, im richtigen Moment bremsen und auch noch die Umgebung im Blick behalten. Das lernt man nicht so schnell, und man sollte Kinder da auch nicht drängen, sondern sie positiv motivieren, es immer wieder zu versuchen.“ Eine gute Vorbereitung auf das Fahrradfahren böten etwa ab dem zweiten Lebensjahr Laufräder ohne Pedale oder Tretroller mit großen (vorzugsweise) Luftreifen. So könnten Kinder optimal und spielerisch ihr Gleichgewicht und ihre Balance trainieren und auch erste Erfahrung im Umgang mit anderen Verkehrsteilnehmern sammeln, wenn sie zum Beispiel auf dem Bürgersteig mit Fußgängern unterwegs sind.

Wann sollte ein Kind das erste Fahrrad bekommen?

Später eignen sich kleine Übungen, um Balance und Geschicklichkeit zu trainieren.

Später eignen sich kleine Übungen, um Balance und Geschicklichkeit zu trainieren.

Foto: ©Verkehrswacht / Foto: Marcus Gloger

Das erste „richtige“ Fahrrad kommt meist ins Spiel, wenn die Kinder zwischen drei und vier Jahre alt sind. Bei der Ausstattung rät Heiner Sothmann zu einem Polster für die Lenkergabel sowie Griffpolstern mit verstärkten äußeren Kappen, die bei kleinen, am Anfang unvermeidlichen Stürzen einen guten Schutz bieten. Außerdem sollte eine Handbremse für die Vorderradbremsung und ein Rücktritt vorhanden sein. „Ein Rad mit Rücktrittbremse hilft dem Kind intuitiv, es lernt: Trete ich nach vorne, geht es los, trete ich nach hinten, halte ich an. Mit zwei Handbremsen für Vorder- und Hinterbremse ist es für Kinder in dem Alter deutlich schwieriger, den Bremsvorgang zu koordinieren.“ Beim Thema Stützräder, an dem sich regelmäßig die Geister scheiden, rät die Verkehrswacht eindeutig, es von Anfang an ohne zu versuchen. „Mit Stützrädern ist das Rad ‚nur‘ ein schlechteres Dreirad, der Gleichgewichtssinn wird nicht trainiert und auch das richtige Anfahren und Anhalten wird mit Stützrädern nicht geübt, da das Rad ja von alleine stehen bleibt“, so Sothmann. Auch die lange Fahne am Gepäckträger, mit der viele kleine Radler oft unterwegs sind, ist ein viel diskutierter Ausstattungspunkt für das erste Fahrrad. „Da die Fahne im Verhältnis zu dem kleinen Fahrrad sehr hoch ist und hin und her schwankt, kann das ein unnötig wackliges Gefühl für das fahrende Kind erzeugen. Auch für andere Verkehrsteilnehmer, wie Fußgänger auf dem Bürgersteig, bei denen die Fahne meist in Gesichtshöhe ist, kann eine unangenehme Situation entstehen“, erklärt Heiner Sothmann. „Die Fahne kann aber eine Hilfe sein, dass Kinder in unübersichtlichen Verkehrssituationen wie zwischen parkenden Autos oder an Garageneinfahrten besser wahrgenommen werden. Das kann man allerdings auch mit heller Kleidung, einem gut sichtbaren hellen Fahrradhelm und zusätzlichen Speichenreflektoren erreichen.“ Im Übrigen gelte das erste Fahrrad noch als „Spielgerät“, welches auch nur auf dem Bürgersteig benutzt werden dürfe und brauche noch keine volle Ausstattung mit Beleuchtung. Reflektoren vorne und hinten sowie in den Speichen und eine helltönende Klingel seien aber immer sinnvoll, so die Verkehrswacht.

Wie bestimme ich die richtige Größe eines Kinderfahrrads?

Das Kind muss das Rad aus eigener Kraft bewegen können – etwa hoch auf einen Bürgersteig.

Das Kind muss das Rad aus eigener Kraft bewegen können – etwa hoch auf einen Bürgersteig.

Foto: ©Verkehrswacht / Foto: Marcus Gloger

Bei der Radgröße solle man darauf achten, dass das Kind mit beiden Füßen fest den Boden berühren kann, wenn es auf dem Sattel sitzt – wichtig fürs sichere Anhalten und Anfahren. Und auch zu schwer solle das Rad nicht sein. Das Kind solle es eigenständig handhaben können, um es zum Beispiel einen Bordstein hochzutragen. Ein Tipp für den Kauf: Da die ersten Kinderfahrräder in der Regel nicht lange gefahren werden, kann man sie auch gut aus zweiter Hand erwerben, wenn man auf ein paar Dinge achtet. Zum Beispiel sollten die Reifen rundlaufen und nicht abgenutzt sein, die Bremsen funktionieren und keine Roststellen vorhanden sein. Am besten den kleinen Radler auch zum Kauf mitnehmen, um zu testen, ob er oder sie auch mit dem neuen Fahrzeug klarkommt.

Wie finde ich den richtigen Helm?

Ob Laufrad oder danach das erste Fahrrad: Was immer dazugehören sollte, ist das Tragen eines Fahrradhelms, rät die Verkehrswacht. Zwar seien die Kinder noch mit relativ geringem Tempo und einer niedrigen Fallhöhe unterwegs, trotzdem sei der Helm ein guter Schutz bei kleinen Stürzen und nicht zuletzt auch eine Motivation, schnell wieder aufzusteigen, wenn das Kind merke, dass nichts Schlimmes passiert sei. Außerdem gewöhnten sie sich so von klein auf an den Helm, der beim späteren eigenständigen Radfahren ebenfalls nicht fehlen sollte.

Wie übe ich das Radfahren mit meinem Kind?

Die Eltern sind als Trainer gefragt, wenn es ums Radfahren lernen geht. Das sollte man zunächst auf „sicherem, also autofreiem Terrain“ üben, zum Beispiel in einem Innenhof, im Park, auf einem Schulhof oder in einer privaten Garageneinfahrt. Da ist schon ein bisschen Einsatz und Kondition gefragt, wenn man zunächst die Hand noch unterstützend unter den Sattel hält, ein kurzes Stück neben dem fahrenden Kind herläuft und dann loslässt. So lernt es, dass es dann selbst gefragt ist, die Balance zu halten. Klappt das Fahren und Bremsen erst einmal, kann man langsam an gemeinsame Ausfahrten gehen. Dabei sollte man als Erwachsener die Kinder immer vorfahren lassen, um sie im Blick zu haben und auch einige Kommandos einüben, was herrisch klingen mag, aber ungemein wichtig ist: Bei „Stopp“ muss das Kind entsprechend reagieren, um Gefahrensituationen zu entgehen. Und auch als Erwachsener sollte man gewisse Fähigkeiten wie einen schnellen Antritt, um das Kind im Notfall rasch einzuholen, immer wieder trainieren. Gemeinsam, mit Geduld, Verständnis und viel Übung kann so aus den ersten Versuchen auf dem Laufrad eine sichere Teilnahme am Straßenverkehr werden. Und das Beste am Radfahren ist ja: Kann man es einmal, verlernt man es auch nicht mehr!

Info www.deutsche-verkehrswacht.de Unter dem Reiter „Shop“ sind diverse Broschüren zum Thema „Radfahren lernen“ für Kinder unterschiedlicher Altersgruppen kostenlos bestellbar oder stehen als PDF zum Download bereit.

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