Düsseldorf Dobellis Alltags-Philosophie

Düsseldorf · Ein neuer Bestseller geht um in deutschen Landen – Platz eins seit wenigen Wochen und ausgestattet mit einem Titel, der Respekt einflößt: "Die Kunst des klaren Denkens". Bei der elften Auflage ist der Hanser-Verlag bereits angekommen und hat knapp 140 000 Bücher schon an den geneigten Leser gebracht.

Erstaunlicherweise ist sein Autor Rolf Dobelli aber kein Zeitgeist-Philosoph – also keiner aus dem Stamme eines nicht minder erfolgreichen Richard David Precht. Dobelli ist promovierter Betriebswirtschaftler, der nach eigenen Worten über Nacht das Bedürfnis verspürte, zu schreiben. Diesem Bedürfnis ist der gebürtige Luzerner dann nachgegangen und hat beim Diogenes-Verlag sogleich einige Bestseller veröffentlicht.

Dobelli, heute 45 Jahre alt, gründete mit 33 Jahren ein eigenes Unternehmen, eine Art Literaturfirma namens "Getabstract". Ihr Produkt: Zusammenfassungen großer Dichtkunst – also der Don Quijote auf einer Seite –, mit denen man sich eine Grundinformation beschaffen und eine Grundbildung aneignen kann. Umtriebig ist Dobelli von Natur aus: Wer erst mit 45 ausraste, so sagt er, "und sich einen roten Porsche kauft, hat die Augen wohl ein bisschen zu lange geschlossen gehabt."

Dergleichen wird man Rolf Dobelli kaum unterstellen können, und warum das so ist, "verrät" er in seinem jüngsten Buch, das gegliedert ist in 52 sogenannte Denkfehler, die man – wie es im Untertitel heißt – besser anderen überlassen soll. Damit hat sich der Autor nicht im Ton vergriffen, sondern die Gangart seines Denkens vorgegeben. Es geht um Konkurrenz, um wirtschaftlichen Erfolg, um Respektlosigkeit vor Autoritäten und darum, weshalb man sich keinen Drink spendieren lassen soll. Das sind Beobachtungen aus dem Alltag, kombiniert mit Leitsätzen aus einem Manager-Training.

Dazu gehört offenbar ein permanentes Aufbauschen von Begriffen in englischer Sprache. Es gibt vielen Kapiteln – alle auf übersichtlichen drei Seiten – eine Bedeutung, die sie mitunter nicht haben. Aber vielleicht wird es ja geschätzt, wenn man endlich Bescheid weiß über "The Survivorship Bias", den "Overconfidence-Effekt", den "Social Proof". Nach all den Anleitungen zum Glücklich- und Unglücklichsein ist dies nun ein Leitfaden für den wirtschaftlichen Erfolg. Das aber schon Philosophie zu nennen, wie es im Vorwort geschieht, ist eine Überschätzung der eigenen Fähigkeit, wovor im Buch später gewarnt wird.

Info Rolf Dobelli: "Die Kunst des klaren Denkens. 52 Denkfehler, die Sie besser anderen überlassen". Hanser, 14,90 Euro

(RP)
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