EuGH kassiert Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung Das Privatleben darf nicht überwacht werden

Luxemburg · Die Speicherung von Kommunikationsdaten ohne Verdacht auf Straftaten ist nicht mit EU-Recht vereinbar. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) urteilte am Dienstag, dass die EU-Richtlinie zur Sicherung von Telefon- und Email-Informationen ungültig ist. Allerdings hat das Gericht die Vorratsdatenspeicherung nicht grundsätzlich ausgeschlossen.

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Fragen und Antworten zur Vorratsdatenspeicherung

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Foto: dapd, Thomas Kienzle

Die bisherige Regelung "beinhaltet einen Eingriff von großem Ausmaß und besonderer Schwere in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf den Schutz personenbezogener Daten, der sich nicht auf das absolut Notwendige beschränkt", begründeten die Richter ihre Entscheidung.

In Berlin war auf das Urteil mit Spannung gewartet worden, denn das Innen- und Justizministerium hatten erklärt, einen entsprechenden Gesetzentwurf erst nach dem Richterspruch aus Luxemburg vorlegen zu wollen.

Bei der Vorratsdatenspeicherung werden die Telefon- und Internetdaten der Bürger ohne Anlass zur Verbrechensbekämpfung für einen längeren Zeitraum gespeichert. Die Richtlinie war als Reaktion auf die Terroranschläge in Madrid 2004 und London 2005 auf den Weg gebracht worden. Union und SPD haben sich im Koalitionsvertrag zur Umsetzung der EU-Vorgaben bekannt. Im Dezember hatte der zuständige Generalanwalt vor dem EuGH aber bereits seine Zweifel an der EU-Regelung deutlich gemacht.

Die ständige Überwachung des Privatlebens

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Der Gerichtshof kritisiert, dass das Risiko zu hoch sei, wenn viele Daten an einem Ort gesammelt werden. Außerdem sei nicht geregelt, dass die Daten auch innerhalb der Europäischen Union gespeichert werden.

Im Kampf gegen den Terror darf demnach die persönliche Freiheit nicht zu stark leiden: "Außerdem ist der Umstand, dass die Vorratsspeicherung der Daten und ihre spätere Nutzung vorgenommen werden, ohne dass der Teilnehmer oder der registrierte Benutzer darüber informiert wird, geeignet, bei den Betroffenen das Gefühl zu erzeugen, dass ihr Privatleben Gegenstand einer ständigen Überwachung ist", ist im Urteil zu lesen.

Kein grundsätzliches Urteil gegen Vorratsdatenspeicherung

Die ersten Reaktionen im Netz fallen positiv aus. So kommentiert der Grüne Netzpolitiker Malte Spitz in seinem Blog: "Die Entscheidung ist ein Meilenstein für die Rechte der Bürgerinnen und Bürger in Europa und den Datenschutz im 21. Jahrhundert. Der digitale Wandel darf nicht das Einfallstor für eine anlasslose Massenspeicherung sein."

Allerdings geht vielen das Urteil nicht weit genug. Da der Gerichtshof die Vorratsdatenspeicherung nicht grundsätzlich für ungeeignet erklärt hat, wird ein Gesetzentwurf von UNION und SPD erwartet, der sich an diesem Urteil orientiert. Vorsorglich kommentierte Netzaktivist Markus Beckedahl:

Nur weil eine #VDS rechtlich möglich zu sein scheint, sollte man sie nicht wiedereinführen. Unschuldsvermutung wird ausgeschaltet!

Andere vermissen, dass in diesem Urteil nicht geklärt wird, wie lange Daten gespeichert werden dürfen.

EU-Kommissarin Viviane Reding zeigt in ihrer ersten Reaktion das Spannungsfeld dieser Debatte:

Sieg für #EU Bürger + #EU Grundrechtecharta. Wahrung von #Sicherheit + #Datenschutz sind 2 Seiten einer Medaille. #Vorratsdatenspeicherung

Jetzt wird abgewartet, wie Union und SPD auf die Entscheidung des EuGH reagieren.

(REU)
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