Wolfsburg US-Gericht stimmt VW-Vergleich zu

Wolfsburg · Bis zu 13,4 Milliarden Euro muss der Konzern in den USA für die Bereinigung der Abgas-Affäre zahlen. Hierzulande weiten sich derweil die Ermittlungen gegen VW aus. Jetzt wird gegen 21 Personen ermittelt - kein Vorstand ist dabei.

Der US-Richter Charles Breyer hat gestern Abend den Vergleich von Volkswagen mit Hunderten Klägern abgesegnet. Es handle sich um eine faire und angemessene Lösung, befand Breyer bei einer Gerichtsanhörung in San Francisco.

Damit kann der bislang teuerste Vergleich der Autoindustrie in Kraft treten: VW muss bis zu 14,7 Milliarden Dollar, umgerechnet 13,4 Milliarden Euro, ausgeben. 4,7 Milliarden Dollar sollen in einen Umweltfonds und die Förderung emissionsfreier Autos fließen.

Rund zehn Milliarden Dollar gehen als Entschädigung an die Kunden: Die reine Entschädigung für Autobesitzer soll zwischen 5100 und knapp 10.000 Dollar pro Fahrzeug liegen, also zwischen 4600 Euro und 9000 Euro. Dabei kommt es auf die Modelltypen an und darauf, wie alt das Auto ist. Zusätzlich muss der Konzern Kunden anbieten, Fahrzeuge zurückzukaufen oder durch Reparatur in den gesetzeskonformen Zustand zu bringen.

Gleichzeitig geht auch die Bewältigung des Skandals in Deutschland weiter: So drängen Verbraucherschützer darauf, dass Kunden hierzulande ebenso hohe Entschädigungen wie in den USA erhalten - aber bisher gibt es dafür keinerlei Hinweise.

Denn solche Zahlungen würden VW praktisch in den Konkurs treiben: Es kostet 13,4 Milliarden Euro, den Schaden an 500.000 in den USA verkauften Autos sehr großzügig wettzumachen. Aber weltweit sind elf Millionen Wagen von der Manipulation betroffen, davon in Deutschland 2,4 Millionen. "Man muss kein Mathematiker sein, um zu erkennen, dass eine Entschädigungszahlung in beliebiger Höhe auch Volkswagen überfordern würde", sagt VW-Chef Matthias Müller. Aktuell ist der Konzern an der Börse 63 Milliarden Euro wert, die Aktie hat sich seit Februar um 30 Prozent erholt.

Derweil hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig ihre Ermittlungen wegen des Diesel-Abgasskandals erneut ausgeweitet. Aus den Vernehmungen hätten sich Verdachtsmomente gegen vier weitere derzeitige und ehemalige Mitarbeiter ergeben, sagte Oberstaatsanwalt Klaus Ziehe. Dadurch sei die Zahl der Beschuldigten auf 21 gestiegen. Es seien auch Büros und Privatwohnungen in Niedersachsen durchsucht worden. Weiterhin würde wegen der eigentlichen Abgasaffäre gegen keinen jetzigen oder früheren Vorstand ermittelt, sagte Ziehe.

In den USA müssen sich nun die Autobesitzer überlegen, wie sie mit dem Vergleichsvorschlag umgehen. Sie haben 45 Tage Zeit zu entscheiden, ob sie das Vergleichsangebot annehmen oder individuell vor Gericht weiter klagen wollen. VW kann nur hoffen, dass möglichst viele bis zum 16. September zustimmen.

Trotzdem ist die Affäre dort noch nicht ausgeräumt: Die Entschädigung soll es ab Oktober geben. Hinzukommt, dass eine Reihe von Generalstaatsanwälten in mehreren US-Bundesstaaten neue Klagen gegen den Konzern eingereicht hat. Außerdem steht weiterhin eine Einigung für die rund 85.000 Dieselautos in den USA mit größeren Drei-Liter-Motoren aus, die mit verbotener Software ausgestattet sind, darunter der VW Touareg, der Porsche Cayenne und der Audi A8.

Einen Rückrufplan des Konzerns hatten die Behörden Mitte Juli noch klar abgelehnt. Der Autobauer kündigte gestern für kommenden Monat einen neuen Vorschlag für die Umrüstung der betroffenen Dieselfahrzeuge mit Drei-Liter-Motoren an.

Darüber hinaus laufen wegen möglicher krimineller Vergehen im Zusammenhang mit dem Abgasskandal auch strafrechtliche Ermittlungen gegen VW. Die vom Konzern beauftragte Kanzlei Jones Day liefert unter anderem Ergebnisse an das US-Justizministerium. Auch das FBI ist eingebunden.

(RP)
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