Wulff für Eigenständigkeit von Continental Conti ruft erneut die Finanzaufsicht zu Hilfe

Hannover (RPO). Im Abwehrkampf gegen die Übernahme durch das fränkische Familienunternehmen Schaeffler hat der Hannoveraner Automobilzulieferer Continental offenbar erneut die Bundesfinanzaufsicht (BaFin) zu Hilfe gerufen. Mit einem zweiten Brief an die Bonner Behörde solle erreicht werde, dass die Abwicklung der Swap-Geschäfte von Schaeffler blockiert werde, hieß es am Mittwoch aus mit dem Vorgang vertrauten Finanzkreisen.

 In der Kritik: Manfred Wennemer, Vorstandsvorsitzender der Continental AG.

In der Kritik: Manfred Wennemer, Vorstandsvorsitzender der Continental AG.

Foto: AP, AP

Das Familienunternehmen hatte am Dienstagabend mitgeteilt, dass es sich rund 28 Prozent der Conti-Aktien über nicht meldepflichtige Finanzgeschäfte (Swap-Geschäfte) gesichert habe. Conti wolle nun unterbinden, dass Schaeffler daraus Conti-Aktien erhält, bis die BaFin dies auf Rechtmäßigkeit untersucht habe.

Bereits am Montag habe der Hannoveraner DAX-Konzern die Finanzaufsicht angeschrieben und moniert, dass Schaeffler bereits 2,99 Prozent der Aktien besitze und über mehrere Optionen Zugriff auf insgesamt 36 Prozent habe. Meldepflichtig ist eine Beteiligung ab drei Prozent. Die BaFin war am Mittwoch nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

Schaeffler wies am Mittwoch die Vorwürfe zurück, nach denen das Unternehmen sich rechtswidrig Zugriff auf Continental-Aktien verschafft hat. Die Geschäfte seien nach geltendem Recht getätigt worden. Die Swap-Geschäfte über etwa 28 Prozent der Conti-Aktien gäben keinen Anspruch auf Übereignung und damit keinen Zugriff auf die zugrundeliegenden Aktien. Diese Geschäfte seien nicht meldepflichtig. Schaeffler habe allerdings der Bundesfinanzaufsicht (BaFin) am Mittwoch sämtliche Vereinbarungen offen gelegt und sei überzeugt, dass die BaFin sich dieser Auffassung anschließt, betonte Schaeffler.

Wulff für Eigenständigkeit von Continental

Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) hat sich für eine weitere Eigenständigkeit der Continental AG ausgesprochen. Vor dem Hintergrund des Übernahmeangebots, dass die Schaeffler-Gruppe den Aktionären des DAX-Unternehmens gemacht hat, trafen Wulff und Conti-Chef Manfred Wennemer am Mittwoch in Hannover zu einem Gespräch zusammen.

Die Sicherung der Arbeitsplätze und die Eigenständigkeit der Conti seien seine Bewertungsmaßstäbe der aktuellen Entwicklung, betonte Wulff anschließend. Wörtlich sagte der Ministerpräsident: "Wir bewerten die gesamte Entwicklung danach, dass die Arbeitsplätze gesichert sind, dass die Conti eigenständig bleibt, dass sie börsennotiert im DAX bleibt, dass sie zusammenbleibt und nicht zerschlagen wird und ihren Sitz in Hannover behält." Es gehe vor allem darum, dass Conti seine großartigen Zukunftschancen wahrnehmen könne. "In diesem Zusammenhang machen wir uns Sorgen, dass diese Voraussetzungen erfüllt werden", sagte Wulff weiter.

Scharfe Töne

Währenddessen hat Continental das milliardenschwere Übernahmeangebot der kleineren Schaeffler-Gruppe brüsk zurückgewiesen und das Familienunternehmen scharf attackiert. "Wir werden die Unabhängigkeit dieses Unternehmens verteidigen und dafür kämpfen", sagte Conti-Chef Manfred Wennemer am Mittwoch. Das Vorgehen Schaefflers kritisierte er als "egoistisch, selbstherrlich und verantwortungslos".

Continental sei "kein willfähriges Opfer für Schnäppchenjäger". Schaeffler habe sich "unter Einsatz rechtswidriger Mittel" den Zugriff auf 36 Prozent der Conti-Aktien verschafft. Dabei seien die gesetzlichen Meldeschwellen umgangen worden. Ob es eventuell Verstöße von Schaeffler gegen das Wertpapierhandelsgesetz gegeben hat, prüft derzeit die Finanzdienstleistungsaufsicht.

In Schaefflers Reaktion hieß es, man könne die ablehnende Reaktion des Conti-Vorstands nicht nachvollziehen und habe "keinerlei Verständnis für den vom Vorstandsvorsitzenden der Continental AG gewählten Stil der Auseinandersetzung". Das am Dienstag vorgelegte Angebot von insgesamt 11 Milliarden Euro oder 69,37 pro Aktie will Schaeffler vorerst nicht nachbessern. Dabei wurde das Papier an der Frankfurter Börse gegen 16.00 Uhr mit 75,00 Euro gehandelt, das waren gut zweieinhalb Prozent mehr als am Dienstagabend.

Wennemer warnt vor Zerschlagung

Das Angebot der Schaeffler-Gruppe entspreche in keiner Weise dem fairen Wert von Continental, kritisierte Conti-Chef Wennemer. Die Gruppe wolle möglichst schnell und kostengünstig die Kontrolle über Continental übernehmen. "Continental würde Schaeffler nützen, Schaeffler aber nicht Continental", sagte Wennemer.

Zugleich warnte der Conti-Chef vor einer Zerschlagung des DAX-Konzerns. "Wenn der Vorstoß von Schaeffler erfolgreich wäre, würde Continental früher oder später aufhören, als eigenständiges Unternehmen zu existieren", sagte er. "Die Reifensparte würde verkauft werden, vielleicht noch einiges obendrauf."

Schaeffler hingegen betonte, man unterstütze die Conti-Strategie auch in Bezug auf das Reifengeschäft: "Durch Schaeffler wird es deshalb auch keine Zerschlagung der Continental AG geben." Continental solle auch künftig an der Börse notiert sein, wenn möglich im DAX, und als eigenständige Gesellschaft mit Sitz in Hannover erhalten bleiben.

Zugleich erklärte die Schaeffler-Gruppe, dass die Options-Geschäfte, mit denen sich das Unternehmen mehr als 30 Prozent an Conti sichern könnte, nach geltendem Recht erfolgt seien. Diese Geschäfte seien nicht meldepflichtig. "Wir haben der BaFin heute sämtliche Vereinbarungen offen gelegt und sind überzeugt, dass die BaFin sich unserer Auffassung anschließen wird", erklärte Schaeffler.

Gewerkschaft wirft Conti-Vorstand Versäumnisse vor

Unterdessen warf die Gewerkschaft IG BCE dem Conti-Vorstand Versäumnisse vor. "Man muss schon fragen, welche Vorsorge Conti-Chef Manfred Wennemer getroffen hat", sagte der Gewerkschaftsvorsitzende Hubertus Schmoldt der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Nach der Übernahme der Siemens-Sparte VDO habe der Conti-Chef damit rechnen müssen, "dass andere auch Monopoly spielen".

Nach Einschätzung der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) kann sich die Übernahmeschlacht über Wochen hinziehen. "Letztendlich dürfte Continental aber schlechte Karten haben", sagte DSW-Hauptgeschäftsführer Ulrich Hocker.

(ap)
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