Berlin Ökonomen warnen vor Katastrophe in Europa

Berlin · Europa steht nach Auffassung führender Wirtschaftswissenschaftler vor dem Abgrund und muss die Währungsunion so schnell wie möglich reformieren. "Europa steuert schlafwandelnd auf eine Katastrophe von unabsehbaren Ausmaßen zu", heißt es in einer Studie von 17 europäischen Ökonomen, die unserer Zeitung vorliegt. Die Ökonomen, darunter die Wirtschaftsweisen Peter Bofinger und Lars Feld, verlangen von den Regierungen schnelle durchgreifende Reformen, um den Kollaps zu vermeiden. Als Sofortmaßnahme fordern sie, die Schulden von Krisenländern in einen Tilgungsfonds mit gemeinschaftlicher Haftung auszulagern, um den Staaten Luft zu verschaffen, sowie ein stärkeres Eingreifen der Europäischen Zentralbank (EZB). Eine langfristige Transferunion lehnen sie aber ebenso ab wie Eurobonds.

Einen Altschulden-Tilgungsfonds hatte auch der Sachverständigenrat der Bundesregierung gefordert, dem Bofinger und Feld angehören. Dabei sollen die Altschulden der Euro-Länder oberhalb von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in einen gemeinsamen Tilgungsfonds ausgelagert werden und nach gemeinsamen strengen Regeln innerhalb von 25 Jahren abgetragen werden.

Die Bundesregierung lehnte dies strikt ab und verwies auf das "Bail-out-Verbot", wonach ein Land nicht für die Schulden eines anderen haften darf. Ein Schuldentilgungsfonds sei auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich, sagte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter. "Die Einschätzung, dass Europa an der Schwelle zu einer Katastrophe steht, wird von der Bundesregierung ausdrücklich nicht geteilt", sagte Streiter. "Das ist eine von vielen Expertenmeinungen, die wir zur Kenntnis nehmen." Deutschland habe sich von Beginn der Krise an dafür eingesetzt, dass die Konstruktionsfehler der Währungsunion beseitigt würden. Vieles sei schon erreicht. "Die Verschärfung des Stabilitätspaktes und der Fiskalpakt sind nur Beispiele dafür", sagte Streiter.

(mar)
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