Griechenlands Euro-Verbleib ist gefährdet Merkel und Sarkozy lassen Dampf ab

Cannes (RPO). Angela Merkel und Nicolas Sarkozy ist offenbar der Geduldsfaden gerissen. Der Überraschungscoup des griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou, das Volk über das mühsam geschnürte Hilfspaket abstimmen zu lassen, war wohl eine Wendung zuviel im monatelangen Drama. Sarkozy polterte in Richtung Griechenland: "Glauben Sie, wir machen das aus Spaß an der Freude?"

 Angespannte Stimmung in Cannes: Angela Merkel und Nicolas Sarkozy machten ihrem Ärger Luft.

Angespannte Stimmung in Cannes: Angela Merkel und Nicolas Sarkozy machten ihrem Ärger Luft.

Foto: EPA, dpa

Im Euro-Drama geht es nun offen um den Verbleib Griechenlands in der Währungszone. Die Griechen würden mit ihrem Referendum auch entscheiden, ob sie den Euro behalten wollten, erklärten Sarkozy und Merkel nach einem Krisentreffen mit dem griechischen Regierungschef Giorgos Papandreou in der Nacht zum Donnerstag im südfranzösischen Cannes.

Rein oder raus?

Keine diplomatische Zurückhaltung, keine Ausflüchte mehr - stattdessen nur noch ungeschminkte Worte - das war die Devise, unter der Merkel und Sarkozy kurz vor Mitternacht vor die Presse traten. In seltener Offenheit ließen eine übermüdete Kanzlerin und ein fahlgesichtiger, manchmal ungehaltener französischer Präsident jede Vorsicht fahren und stellten den Griechen die Schlüsselfrage: Bleibt ihr oder geht ihr aus der Euro-Zone, rein oder raus?

"Glauben sie wirklich dass Frau Merkel und ich ... das wir das aus Spaß an der Freude machen, das was wir tun?", polterte Sarkozy. "Wenn wir hier an vorderster Front kämpfen, dann tun wir das, weil das notwendig ist", redete er sich in Rage. "So angenehm ist das nicht." Selbst Merkel, die nicht zu emotionalen Ausbrüchen neigt, gestand ein: "Das war hart."

"Das war hart"

Was den beiden offenbar so viel abverlangte, war ein weiterer Krisen-Gipfel am Vorabend des G20-Treffens der Staats- und Regierungschefs und - noch mehr - das anschließende Gespräch mit dem griechischen Premier Papandreou. Der war es nämlich gewesen, der wenige Tage nach dem als Durchbruch gefeierten Euro-Gipfel vor gut einer Woche - mit weitreichenden Beschlüssen auch für neue Griechenland-Hilfen - den radikalen Euphoriebremser gespielt hatte.

Mit seiner Entscheidung, das Volk über das neue Paket mit seinen zusätzlichen Sparauflagen abstimmen zu lassen, hatte er die Unsicherheiten, die in der Politik und an den Märkten gerade zu schwinden schienen, wieder erweckt.

Dass Sarkozy schäumte, ist bekannt. Merkel immerhin bemerkte spitz: "Dies ist nicht abgestimmt erfolgt". Doch da es nun einmal so ist, wie es ist, gaben die beiden Papandreou eine Breitseite mit auf den Weg zurück nach Athen: Mit der Volksabstimmung geht es für Griechenland um fast alles - nämlich um das Ausscheiden aus der Euro-Zone. "Wir wollen den Euro als stabile Währung erhalten."

"Dann werden wir das respektieren...?"

Dieses Ziel steht für Merkel über allem, auch klar vor dem Wunsch, Griechenland im Währungsraum zu halten. "Wir müssen sagen, was sind unsere Prioritäten", sagt sie - und tut es. "Wir wünschen uns, dass Griechenland im Euro-Raum bleibt". Aber wenn Griechenland sage, "das möchten wir nicht, dann werden wir das respektieren".

In das gleiche Horn stößt Sarkozy: "Wir sind Verantwortlich für die Stabilität in der Euro-Zone, für die Solidarität in Europa und für die Regeln, die wir uns selbst gegeben haben", doziert er. "Wenn irgendein Land diese Regeln nicht achten will, dann ist das sein Recht, dann kann es das tun." Dann müsse es aber auch die Folgen tragen. "Ganz klar, auch die Griechen müssen jetzt eine Entscheidung treffen.", denn, dass einer ständig die Regeln verletze, sei nicht hinnehmbar.

Papandreou verteidigt sich

"Wir können das Geld des europäischen Steuerzahlers nur einsetzen, wenn gewisse Regeln, auf die man sich einstimmig geeinigt hat beim Brüsseler Euro-Gipfel am 27. Oktober, auch eingehalten werden", schreibt er den Griechen ins Stammbuch. "Werden sie nicht eingehalten, dann kann weder Europa noch der IWF auch nur einen Cent auszahlen." Damit macht er dem südeuropäischen Partnerland ungeschminkt klar: Selbst schon avisierte Gelder könnten nun nicht mehr fließen.

Papandreou hingegen verteidigte seine Entscheidung für ein Referendum. Er sei angesichts der fehlenden Unterstützung der Opposition dazu gezwungen worden, wolle aber so schnell wie möglich die Volksabstimmung in seinem Land organisieren. Das Referendum wird vermutlich am 4. Dezember abgehalten.

Finanzminister gegen Referendum

Der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos hat sich am Donnerstag von der geplanten Volksabstimmung distanziert. Die griechische Position in der Eurozone sei eine "historische Errungenschaft", die nicht von einem Referendum abhängen dürfe, teilte Venizelos nach seiner Rückkehr von einer Krisensitzung in Cannes in Athen mit.

(AFP/csi)
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