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Deutscher darf nicht EZB-Ökonom werden

Überraschend wird der Belgier Peter Praet neuer Chefvolkswirt der Zentralbank. Die kleineren Euro-Länder konnten ihn durchsetzen, weil Deutschland und Frankreich bis zuletzt zerstritten waren. Der deutsche Favorit Jörg Asmussen wird jetzt nur Chef für Internationale Beziehungen.

Frankfurt/M. Überraschung in Frankfurt: Neuer Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB) wird weder ein Franzose noch ein Deutscher: Das Direktorium der EZB einigte sich gestern auf Peter Praet. Der 62 Jahre alte Belgier, der im Rhein-Sieg-Kreis geboren wurde, ist der lachende Dritte im Streit um den einflussreichen Posten.

Damit hat EZB-Präsident Mario Draghi eine salomonische Lösung gefunden. Denn mit der Ernennung von Jörg Asmussen, dem früheren Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, hätte er die französische Seite verärgert. Umgekehrt hätte die Berufung des französischen Kandidaten Benoît Coeurés die Deutschen vor den Kopf gestoßen.

Praet sitzt seit Juni im Direktorium der EZB. In Fachkreisen genießt er hohes Ansehen. Seine Laufbahn führte ihn zum Internationalen Währungsfonds, in das belgische Finanzministerium und in die Finanzwirtschaft. Allerdings gilt er geldpolitisch eher als "Taube", also als jemand, der lieber das Wachstum stimulieren als die Inflation bekämpfen will. Künftig leitet er das wichtige Ressort Volkswirtschaft. Der Chefvolkswirt bereitet die Sitzungen des EZB-Rates vor und hat großen Einfluss auf die geldpolitischen Entscheidungen.

Seit Gründung der Euro-Zone war stets ein Deutscher auf diesem wichtigen Posten: zunächst Otmar Issing, dann Jürgen Stark. Stark war im Herbst 2011 aus Protest gegen die Käufe von Anleihen aus Schuldenstaaten zurückgetreten. Lange galt es als sicher, dass Jörg Asmussen sein Nachfolger wird. Doch die Franzosen blockierten Merkels Wunschkandidaten bis zum Schluss. Der Kompromisskandidat Praet machte nun das Rennen.

Jetzt wird Asmussen nur Außenminister der Notenbank. Der 45-Jährige ist zuständig für internationale Beziehungen, zudem leitet er die Rechtsabteilung. Immerhin: Diese muss auch die umstrittenen Staatsanleihekäufe durch die EZB in rechtlicher Hinsicht beurteilen. Für den Ankauf selbst ist aber künftig der Franzose Coeuré zuständig. Frankreich will seit langem, dass die EZB ihre Anleihenkäufe ausweitet, um Krisenstaaten zu helfen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) reagierte verhalten. "Der neue Aufgabenzuschnitt im Direktorium der EZB ist eine ausbalancierte Entscheidung", sagte er unserer Zeitung. Die EZB sei für die anstehenden Herausforderungen "personell gut aufgestellt". Jörg Asmussen "übernimmt mit dem Bereich ,Internationale und europäische Beziehungen' sowie den Rechtsangelegenheiten wichtige Aufgabenfelder, für die er langjährige Erfahrungen, große Expertise und zahlreiche Kontakte mitbringt", so Schäuble.

Andere Koalitionspolitiker zeigten sich verärgert: "Deutsche müssen auf internationalen Spitzenpositionen stärker vertreten sein. Dieses Ziel sollte die Bundesregierung nicht aus den Augen verlieren", sagte der finanzpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Klaus-Peter Flosbach. Die FDP-Finanzexpertin Birgit Reinemund sagte: "Ich hätte mich gefreut, einen deutschen Chefvolkswirt in der EZB zu sehen, aber ich halte die Entscheidung für nachvollziehbar. Praet ist ein erfahrener Währungsexperte."

Scharfe Kritik kam von den Grünen. "Für die Bundesregierung ist das eine peinliche personalpolitische Schlappe", sagte der finanzpolitische Sprecher der Grünen, Gerhard Schick. "Der Versuch der Bundesregierung, das Amt des EZB-Chefvolkswirts als eine Art Erbhof zu betrachten, ist gründlich gescheitert."

(RP)
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