Düsseldorf/Stuttgart Bündnis von VW und Daimler wackelt

Düsseldorf/Stuttgart · Im Düsseldorfer Daimlerwerk laufen sowohl der Mercedes Sprinter als auch der baugleiche Transporter Crafter von VW vom Band. Angeblich will VW die Zusammenarbeit kündigen. Es geht um ein Viertel der Düsseldorfer Jahresproduktion.

Der erfolgreiche Transporter Sprinter von Mercedes und sein VW-Pendant Crafter sehen nicht umsonst so aus, als seien sie aus dem gleichen Ei geschlüpft. Die beiden Modelle der Konkurrenten sind technisch nahezu baugleich und laufen von denselben Bändern. Die geschlossenen Modelle beider Typen entstehen im Werk Düsseldorf, die offenen im ostdeutschen Ludwigsfelde. Doch die Ehe der beiden Autobauer könnte bald enden: VW gibt die Zusammenarbeit mit Daimler beim Bau von Transportern einem Unternehmensinsider zufolge auf. Derzeit würden die Weichen dafür gestellt, das nächste Crafter-Modell alleine zu bauen, sagte ein Manager mit Kenntnis der Beratungen am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. "Es gibt ganz klar den Auftrag an die VW-Nutzfahrzeug-Sparte, einen Crafter-Nachfolger zu entwickeln." Wo das neue Modell produziert werden soll, sei noch offen.

Darüber berichtete auch die "Hannoversche Allgemeine Zeitung" (HAZ). Der Kooperationsvertrag läuft 2016 aus. Eine Trennung wird schon seit längerem erwartet.

VW hatte nach der Übernahme des Lkw-Bauers MAN zunächst eine gemeinsame Entwicklung mit dem Münchner Nutzfahrzeug- und Maschinenkonzern erwogen. VW-Aufsichtsrat Ferdinand Piëch gilt seit längerem als Gegner der Zusammenarbeit mit Daimler. "Ich bin überzeugt, das machen MAN und VW viel besser, ohne dass man den Wettbewerber reicher macht", sagte er im Frühjahr vor MAN-Aktionären. MAN ist stark bei Lastwagen und Bussen, während Transporter eher dem Pkw-Bau nahestehen – das soll zusammenkommen. Gestern Abend kündigte VW an, bei MAN einen Beherrschungsvertrag durchzusetzen – also die totale Integration.

Nun soll es – ähnlich dem Kooperationsmodell mit Daimler – eine eigene Crafter-Variante von MAN geben, bei der die Münchner die Technik von VW übernehmen und dem Wagen ein eigenes Gesicht geben, wie es in Unternehmenskreisen heißt. Daimler hatte für eine Verlängerung der Zusammenarbeit mit VW geworben und seinen Partner Renault in einen Dreierbund einbringen wollen.

150 000 Sprinter und Crafter entstehen pro Jahr in den beiden Werken. Allein in Düsseldorf sind davon rund 30 000 mit dem Label von Volkswagen versehen. Das würde etwa einem Viertel der Auslastung des Düsseldorfer Werkes entsprechen.

Bei Daimler reagierte man gelassen auf die Nachricht aus Wolfsburg. "Ich halte diese Meldung für reine Spekulation", sagte der Leiter des Düsseldorfer Daimler-Werks, Martin Kelterer, gestern auf Anfrage. Es gehe um das Nachfolgemodell des bisherigen Transporters. Experten zufolge soll es im Jahr 2016 oder danach auf den Markt kommen.

Nach Daimler-Informationen laufen die Verhandlungen mit dem Volkswagenkonzern noch, und es sei bislang noch nicht über die Transporter-Kooperation entschieden. Außerdem betonte Daimler, dass die Zusammenarbeit mit Volkswagen nicht die einzige Alternative zum Alleingang wäre. "Wir haben eine intensive Kooperation mit Renault. Auch eine Zusammenarbeit von Daimler und Renault beim Bau von Transportern wäre denkbar", sagte ein Daimler-Sprecher. Erste Erfolge aus der vor einem guten Jahr vereinbarten Nutzfahrzeugkooperation gibt es bereits. So basiert der kürzlich vorgestellte Citan, eine Mischung aus Kombi und Lieferwagen, auf einem Modell von Renault. Die Franzosen bauen heute mit dem Renault Master einen direkten Konkurrenten des Sprinters und des Crafters.

Im Düsseldorfer Werk arbeiten mehr als 6700 Mitarbeiter. Das Daimler-Werk ist der an der Mitarbeiterzahl gemessen größte Arbeitgeber der NRW-Landeshauptstadt. Das Sprinterwerk hat erst kürzlich nach der Weihnachtspause wieder die Produktion aufgenommen. Das Werk gilt als sehr modern. Im Dezember wurde etwa ein eigenes Kraftwerk mit Kraft-Wärme-Kopplung in Betrieb genommen. Neben Daimler und VW entstehen auch Fahrzeuge unter dem US-Truck-Label Freightliner in Düsseldorf.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort