Brüssel Börsen feiern Rettungsplan für Athen

Brüssel · Mit Erleichterung haben Regierungen auf die Beschlüsse des Gipfels reagiert. Sie bedeuten nicht nur Zeit und frisches Geld für Athen, sondern auch einen Schuldenerlass. Zu einer Zeitbombe droht sich die Aufrüstung des Rettungsfonds zu entwickeln. Dem muss der Bundestag zustimmen.

Die Euro-Notoperation scheint geglückt: Mit Erleichterung reagierten die Finanzmärkte gestern auf die Beschlüsse des Sondergipfels zur Rettung Griechenlands. Der Dax kletterte auf 7326 Punkte, der höchste Stand seit zwei Wochen. Der Euro hielt sich nach dem Anstieg des Vortages bei 1,43 Dollar. Händler sprachen von einem "Befreiungsschlag". Doch es bestehen bei allen Elementen Risiken.

Rettungskredite Der neue Rettungs-Plan für Griechenland mit einer Laufzeit bis 2014 hat einen Umfang von 159 Milliarden Euro: Das Land erhält weitere Kredite über 109 Milliarden aus dem Rettungsschirm EFSF. 50 Milliarden Euro steuern private Gläubiger wie Banken und Versicherungen durch einen teilweise Schuldenerlass bei. Ein Großteil der Mittel werde gebraucht, um griechische Banken mit frischem Kapital auszustatten. Der Schuldenberg des Staates von 340 Milliarden Euro wird dagegen nur um 26 Milliarden sinken. Immerhin gewinnt das Land Luft, weil der Rettungsfonds die Zinsen senkt.

Banken-Beteiligung Private Gläubiger beteiligen sich freiwillig an den Hilfen, das ist ein Novum. Sie steuern 12,6 Milliarden Euro bei, indem sie ihre griechischen Anleihen mit Verlusten an den EFSF verkaufen. Zudem erklären sich die Privaten bereit, ihre laufenden Anleihen auf 30 Jahre zu verlängern und die Zinsen auf durchschnittlich 4,5 Prozent zu senken oder ihre Papiere in neue Scheine mit besseren Konditionen umzutauschen. Das bringt Griechenland 37 Milliarden Euro. Die Privaten verzichten bei dieser Operation auf 21 Prozent ihrer Forderungen. Viele Experten halten aber einen Schnitt um 30 bis 50 Prozent für nötig.

EZB-Sicherheiten Die Rating-Agentur Fitch kündigte gestern an, sie werde Griechenland wegen der Verluste für Privatgläubiger beim Anleihe-Tausch auf "teilweise zahlungsunfähig" zurückstufen. Das haben die Euro-Länder zwar einkalkuliert, aber es wird teuer. Denn eigentlich darf die Europäische Zentralbank (EZB) derart bewertete Papiere nicht mehr als Sicherheiten akzeptieren, was einen Kollaps des griechischen Bankensystems bedeuten würde. Damit die EZB die griechischen Papiere trotzdem akzeptiert, werden die Staaten 35 Milliarden Euro als Sicherheit bei der EZB hinterlegen. Sie zählen darauf, dass die Rating-Agenturen Athen dann schnell wieder hochstufen.

Transferunion Um ein Übergreifen der Schuldenkrise auf Italien und Spanien zu verhindern, darf der Rettungsschirm künftig auch vorbeugend tätig werden – mit Kreditlinien für Länder, die an den Finanzmärkten unter Druck kommen. Damit ist der Aufbau des von Paris gewünschten Europäischen Währungsfonds eingeleitet. Mehr noch: Der Rettungsfonds soll künftig Altschulden von Krisenstaaten am freien Markt aufkaufen. Das war bisher für die Bundesregierung ein Tabu. Die Kanzlerin muss nun ihre Koalition davon überzeugen, dass es die Bankenbeteiligung wert war, diese rote Linie zu überschreiten. Hier droht viel Streit mit der FDP. Auch Bundesbank-Chef Jens Weidmann kritisierte dies scharf und sprach von einer "Vergemeinschaftung von Schulden".

Steuerzahler Zunächst wird der Rettungsfonds nicht aufgestockt. Deutsche Steuerzahler müssen also erst mal keine neuen Lasten tragen. Sie garantieren weiter nur Kredite von 211 Milliarden Euro aus aus dem Rettungsschirm und 22 Milliarden Euro aus dem ersten Hilfspaket für Hellas. Doch es ist offen, wie lange der Rettungsfonds mit dem Geld hinkommt. Kommentar

(RP)
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