Strafen nach Badminton-Eklat Der olympische Status ist in Gefahr

London/Düsseldorf · Olympia-Aus für vier asiatische Doppel: Der Weltverband disqualifizierte Chinesen, Südkoreaner und Indonesier, weil die ihre Spiele aus taktischen Gründen absichtlich verlieren wollten. Es waren nicht die ersten Manipulationen in der Sportart, die nun sogar um ihren olympischen Status bangt.

Olympischer Badminton-Skandal: Diese Teams wurden ausgeschlossen
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Yu Yang blickte eiskalt, als sie den Ball mit Schwung zum neunten Mal ins Netz schlug. Die chinesische Badminton-Weltmeisterin gab sich mit ihrer Doppelpartnerin Wang Xiaoli alle Mühe, das Spiel gegen das südkoreanische Duo Ha Jung Eun/Kim Min Jung zu verlieren. Höhnisch bejubelten die aufgebrachten Zuschauer in der Londoner Wembley-Arena jeden Ball, der im Aus oder im Netz endete.

11:21, 14:21 verloren die an Nummer eins gesetzten Chinesinnen. Der längste Ballwechsel im ersten Durchgang dauerte gerade einmal vier Schläge. Es war ein Badminton-Spiel, das in seiner Absurdität an die "Schande von Gijon" erinnerte, bei dem die deutsche und die österreichische Fußballnationalmannschaft bei der WM 1982 80 Minuten lang den Ball hin- und herschoben.

Das Skandal-Spiel von London hat Konsequenzen: Am Mittwoch schloss der Badminton-Weltverband BWF alle Teams vom olympischen Turnier aus, die mit Absicht ihre Spiele verlieren wollten. Dazu gehören auch ein indonesisches und ein weiteres südkoreanisches Doppel, die auf ähnlich groteske Weise versucht hatten, ihr Duell zu verlieren. Alle Teams waren bereits vor diesen letzten Gruppenspielen für das Viertelfinale qualifiziert gewesen.

Die Chinesen wollten um jeden Preis verlieren, um nicht Gruppensieger zu werden und so schon im Halbfinale auf ihre Landsleute Tian Qing/Zhao Yunlei zu treffen, sondern erst im Finale. Als die Südkoreanerinnen das durchschauten, begannen sie auch mit dem aktiven Verlieren, um ebenfalls den Chinesen im Halbfinale aus dem Weg zu gehen. Oberschiedsrichter Thorsten Berg musste mehrmals eingreifen. Weltmeisterin Yu meinte trocken: "Unsere Gegner waren wirklich stark. Am Mittwoch beginnt die K.o.-Runde. Wir waren bereits qualifiziert und wollten mehr Energie für das Viertelfinale haben."

Die nationalen Badminton-Verbände disqualifizierten die Teams ebenfalls wie der Weltverband, das Internationale Olympische Komitee (IOC) verzichtete hingegen auf eine Suspendierung. "Wir unterstützen und begrüßen die Entscheidung des internationalen Verbandes. Für solch ein Verhalten ist bei Olympischen Spielen kein Platz", sagte ein Funktionär des IOC. Die Teams aus Indonesien und Südkorea legten Einspruch ein, der am späten Mittwochnachmittag nach einem Bericht der Nachrichtenagentur AFP bereits abgelehnt wurde. Die chinesische Mannschaft kündigte einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua zufolge an, in dem Vorfall selbst zu ermitteln.

Nun könnte es Konsequenzen sogar für die gesamte Sportart geben. Martin Kranitz, Sportdirektor des Deutschen Badminton-Verbandes, fürchtet um den Fortbestand des olympischen Status: "Solche Sachen werden innerhalb des IOC natürlich nicht gerne gesehen." Entsprechende Forderungen wies das IOC gestern zunächst ab. "Dafür ist es noch zu früh", sagte IOC-Sprecher Mark Adams. Noch kann es eng werden für die Sportart. Badminton ist erst seit den Spielen 1992 in Barcelona olympisch.

Es ist nicht das erste Mal, das Badminton-Spieler absichtlich verlieren und sich dadurch einen günstigeren Turnier-Verlauf erhoffen. Schon bei der Weltmeisterschaft 2008 war es zu Manipulationen gekommen, der Modus wurde daraufhin geändert — nur eben nicht für das olympische Turnier. Der deutsche Einzel-Europameister Marc Zwiebler (Bonn) erklärte: "Die Chinesen und Südkoreaner manipulieren schon so lange, ich hätte aber nicht gedacht, dass sie es nun vor einer vollen Halle, vor den Medien und der gesamten Weltöffentlichkeit durchziehen."

(RP/chk)
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