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Analyse Bayer 04 - Erfolg in der eigenen Nische

Leverkusen · Warum der Werksklub sich mit seinem Bild in der Öffentlichkeit abfinden sollte. Und warum das gar nicht so schlecht sein muss.

Es war eine Woche der Extreme bei Bayer 04. Zunächst eroberte man in Berlin Platz zwei, dann fiel dem Verein nach dem fürchterlichen Auftritt gegen Manchester die Rolle der konkurrenzlosen Zielscheibe für Häme und Spott zu, nur um drei Tage später gegen Nürnberg die famose Hinrunde um den elften Sieg im 14. Ligaspiel zu bereichern. Es waren sieben Tage, die komprimiert wiedergaben, was seit längerem als offene Baustelle des Werksklubs existiert. Es geht um die Fragen: Wie will sich Bayer 04 selbst sehen? Und inwiefern limitiert die öffentliche Wahrnehmung des Vereins dieses Bild?

Jeder Bundesligaverein speist sein Image aus 1) dem Erfolg der Mannschaft, 2) daraus, wie erfolgreich der Verein selbst sein Image zu steuern vermag und 3), ob die Öffentlichkeit die Punkte 1) und 2) in ihr Bild vom Verein integriert. Borussia Dortmund ist es gelungen, sich für viele als Gegenspieler des FC Bayern zu positionieren, weil das Team attraktiv spielt, weil der Klub die Kampagne "Echte Liebe" dauerbefeuert hat, und — vor allem — weil große Teile Fußball-Deutschlands per se eine Mannschaft mögen, die den Bayern Paroli bieten kann.

Überträgt man diese Image-Anforderungen auf Bayer 04, kommt man zu folgendem Ergebnis: 1) Die Werkself hat sich als Dauergast unter den Top-Sechs in Deutschland etabliert und sich einen erfrischenden Spielstil erarbeitet. 2) Die "Werkself"-Kampagne hat funktioniert — einen Vorwurf der Öffentlichkeit aufzunehmen und damit zu spielen, ging als sympathischer Schachzug durch. 3) Trotzdem verharrt ein Großteil der Fußballinteressierten dem Verein im besten Fall gleichgültig gegenüber.

Bayer 04 ist also — überspitzt formuliert — für die Mehrheit außerhalb Leverkusens ein Top-Klub aus der Bundesliga, der vorbildlich Talente hervorbringt und fördert, der aber für Neutrale an Reiz verliert, weil er national kein Konkurrent der Bayern sein kann und international in der Regel zu einem Zeitpunkt die Segel streichen muss, wenn man ihn dafür nicht wirklich kritisieren kann. Das ist Bayers Nische, in der man sich einerseits über Jahre erfolgreich positioniert hat, in die man andererseits von außen aber eben auch einsortiert wird.

Die Probleme, Misstöne, Häme, Missverständnisse und reflexartige Abwehrhaltungen resultieren in der Regel dann auch daraus, dass der Verein sich zuweilen außerhalb dieser Nische bewegt — oberhalb wie unterhalb. Eine zu breite Brust (Robin Dutt, von Platz zwei nach oben denken) wird ihm im Nachgang genauso negativ ausgelegt, wie zu großes Understatement (Rudi Völler, Europa League ist das Mindestziel, Champions League ein Wunsch). Bayer 04 ist in seiner Nische des realistisch Machbaren eingeengt, und diese ist in einer Gesellschaft, die nach Extremen, nach Rekorden und Sensationen giert, eben wenig sexy. Das muss man nicht gutheißen, aber realisieren. Der "Kicker" schrieb nach dem Nürnberg-Spiel, "dass Bayer Leverkusen es in der Vergangenheit nicht geschafft hat, die Öffentlichkeit darüber aufzuklären, was möglich ist und was nicht". Möglich machen Sami Hyypiä und sein Team bislang viel — mehr als man erwarten konnte. Trotzdem bleibt man in der BayArena realistisch. Das ist gut so und hält Bayer 04 in der etablierten Nische. Die erweist sich wohl letztlich als gar nicht so schlecht.

(RP)
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