Austin Formel 1: Ecclestone räumt Fehler ein

Austin · Der Chefpromoter fordert radikale Reformen. Der Königsklasse des Automobilsports droht angesichts der Finanzkrise bei vielen der zehn Rennställe der Kollaps. Marussia und Caterham sind schon finanziell am Ende.

 Formel-1-Boss Bernie Ecclestone ist in der Krise ratlos.

Formel-1-Boss Bernie Ecclestone ist in der Krise ratlos.

Foto: dpa, ss cs

Im Kampf um Macht und Millionen droht der Formel 1 mehr denn je der Kollaps. Angesichts der grassierenden Finanzkrise steckt die Königsklasse in einer der schlimmsten Krisen ihrer Geschichte. Während die kleinen Teams die nackte Panik vor der nächsten Pleite gepackt hat, pochen die mächtigen wie Ferrari oder Mercedes im Streit um eine Reduzierung der Kosten oder eine Reform der Verteilung der Preisgelder auf ihre Privilegien. Die Formel 1 zerfleischt sich selbst.

"Wir sollten alle laufenden Verträge zerreißen. Alle zerreißen und wieder neu anfangen", sagte Chefpromoter Bernie Ecclestone am Rande des Großen Preises der USA unter dem Eindruck der Insolvenz von Caterham und Marussia: "Das Problem ist, dass zu viel Geld schlecht verteilt wird. Das ist wahrscheinlich mein Fehler.

Ecclestone regelt den Fluss der Preisgelder ("Bernie Money"). Der genaue Verteilungsschlüssel der angeblich über 800 Millionen Euro, die pro Jahr ausgeschüttet werden, ist nicht bekannt. Aber klar ist: Die großen Teams wie Ferrari, McLaren oder Mercedes werden überproportional begünstigt. Eine zumindest im Ansatz solidarische Verteilung der Einnahmen wie etwa in der Fußball-Bundesliga ist der Formel 1 bisher fremd. Das ist ein Grund dafür, warum Caterham und Marussia am Ende sind. Zudem sind auch Teams wie Sauber, Lotus oder Force India von der Pleite bedroht. "Das Problem wird nicht einfach verschwinden. Das ist nicht wie bei einer Grippe, bei der man eine Pille einwerfen kann", sagte Ecclestone und forderte Konsequenzen. Laut des Milliardärs würden sich aber "vier Teams" gegen eine neue Verteilung der Einnahmen sperren.

Und so wachsen Wut und Verzweiflung bei den kleinen Teams. "Was muss denn noch geschehen, damit endlich etwas passiert?", fragte Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn ratlos und geschockt: "Der Spruch ,wer es sich nicht leisten kann, sollte nicht in diesem Sport sein', ist doch überholt." Und der indische Millionär Vijay Mallya, Besitzer von Force India, forderte: "Wir müssen eine Lösung finden. Sie muss sicherstellen, dass alle überleben können."

Doch in der Formel 1 ist im Kampf um Ruhm, Ehre und Millionen kein Mitleid zu erwarten. "Man ist nicht dazu verpflichtet, mehr auszugeben als man hat", sagte etwa Mercedes-Teamchef Toto Wolff und zielte damit auf Caterham und Marussia, die sich die Reise nach Texas nicht mehr leisten konnten. Dabei sind die meisten Kosten wie etwa für den neuen Motor, das Chassis und Logistik systemimmanent.

Ecclestone, graue Eminenz der Formel 1, scheint sich plötzlich in der Rolle des vermeintlichen Retters der Benachteiligten wohlzufühlen. "Wenn genügend Leute das Problem beheben wollen, können wir es lösen", sagte er und forderte die Platzhirsche auf einzulenken: "Es ist eine Sache der Menschen, die in den Sport involviert sind. Sie müssen sich um den Sport kümmern und sich darauf einstellen, Opfer zu bringen." Dabei hatte der greise Manager zuvor noch gesagt, niemand brauche Teams, die "mit einem Bettelsack umherlaufen".

Doch brechen noch mehr Teams zusammen, ist die Rennserie mehr denn je in ihrer Existenz bedroht. "Die Formel 1 braucht die kleineren Teams, das ist Teil ihrer DNA", sagte Mallya. Und Lotus-Besitzer Gerard Lopez meinte: "Es geht etwas vollkommen schief." In Austin waberte sogar das Gerücht eines Rennboykotts durch das Fahrerlager, um auf die verzweifelte Situation aufmerksam zu machen.

Doch dass sich die untereinander verfeindeten Teams schnell oder überhaupt einigen werden, ist mehr als je zuvor unwahrscheinlich. Denn schon seit Jahren wird etwa über eine Budgetobergrenze geredet - doch die Starken sehen keine Notwendigkeit, den Schwachen zu helfen. "Wenn zwei Teams verschwinden, dann stecken dahinter persönliche Schicksale und persönliche Dramen von Familien", sagte Wolff im Interview mit der "Welt am Sonntag": "So etwas darf man nie auf die leichte Schulter nehmen. Aber andererseits: So war die Formel 1 schon immer."

(SID)
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