Tourenwagen Zanardis historischer Sieg in Oschersleben

Oschersleben (rpo). Äüßerst bescheiden gab sich Alessandro Zanardi nach seinem großen Coup in Ochersleben. "Natürlich ist es toll, hier ganz oben zu stehen, aber ich habe doch nur ein Rennen gewonnen", sagte Alessandro Zanardi nach seiner Triumphfahrt.

Mit dieser Einschätzung lag er jedoch erstmals an diesem Tag daneben. Der 38-Jährige hatte es am Sonntag im werksunterstützten BMW 320i gegen starke Konkurrenz geschafft, als erster beinamputierter Automobilrennfahrer einen Lauf zur Tourenwagen-WM zu gewinnen.

Immer wieder schüttelte der Italiener seinen Kopf, konnte die allgemeine Euphorie nicht fassen. Zumindest seine persönliche Meisterleistung konnte er aber in vollen Zügen genießen. 1443 Tage war es her, dass er beim Gastspiel der US-Cartserie am 15. September 2001 auf dem EuroSpeedway Lausitz beide Beine verlor und nur dank schneller ärztlicher Hilfe überlebte.

Wohl niemand hatte damals ernsthaft daran geglaubt, dass Zanardi seine Karriere fortsetzen könne. Nur einer, der Italiener selbst, hatte die Hoffnung nie aufgegeben. "Rennen fahren ist mein Leben, damit muss ich weiter machen", hatte Zanardi damals erklärt und sich mit gewaltigem Ehrgeiz daran gemacht, sein Projekt Rückkehr voranzutreiben.

Zunächst bremste sein bester Mechaniker die aufkommende Euphorie, denn er glaubte nicht daran, dass Zanardi mit seinen Prothesen genügend Druck auf das Bremspedal ausüben könnte. "Ich habe deshalb eine Waage an die Wand gestellt, mich abgestützt und mit den Prothesen voll dagegen gedrückt", erklärte Zanardi und war stolz auf die 90 kg, die tatsächlich reichen sollten, um dem angestrebten Ziel ein bisschen näher zu kommen.

In Landsmann Roberto Ravaglia, der 1987 die bisher einzige Austragung einer Tourenwagen-WM in Oschersleben in einem BMW M3 gewonnen und 2001 ein eigenes Team gegründet hatte, fand Zanardi einen wichtigen Verbündeten. Gemeinsam mit den Ingenieuren von BMW Motorsport wurde ein Steuerungssystem entwickelt, dass auf die Bedürfnisse des früheren Formel-1-Piloten zugeschnitten wurde. Gas gibt Alessandro Zanardi mit einem Ring hinter dem Lenkrad. Die rechte Prothese wird auf dem Bremspedal mit Klettband fixiert und zusätzlich wurde eine "Nothandbremse" rechts vom Lenkrad installiert. Kupplung und Schalthebel sind eine Einheit.

An dieser komplizierten Technik wird immer noch gefeilt. "Ich muss die Bremskraft aus der Hüfte heraus mit meiner Prothese sehr genau dosieren. Nur dann kann ich den BMW am Limit bewegen", erklärte Zanardi und erhält überall Anerkennung für eine Leistung, über die sich auch seine Rennfahrerkollegen wundern.

"Wie Alex uns heute ausgetrickst hat, ist einfach fantastisch gewesen. Ich habe alles versucht und hätte nicht gedacht, dass er dem Druck bis zum Schluss standhält", sagte BMW-Werksfahrer Jörg Müller (Hückelhoven), der mit einem Gewaltakt in der letzten Runde zwar kurz die Nase vorn hatte, aber dabei neben die Strecke geriet und auch noch Markenkollege Andy Priaulx (England) passieren lassen musste.

"Einen schöneren Ausgang der WM-Rennen in Oschersleben hätten wir uns vorher kaum ausmalen können. Dass Alessandro Zanardi ausgerechnet in Deutschland sein erstes Rennen gewinnt, ist das i-Tüpfelchen. Er hat Großartiges geleistet und ist eine beeindruckende Persönlichkeit", sagte BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen.

(sid)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort