Golf Kaymers Familienausflug nach Schottland

Düsseldorf/St. Andrews · Die erste Saison des Golfprofis auf der PGA-Tour verlief enttäuschend. Auch auf der Links Championship in Schottland verpasste der Mettmanner seinen ersten Europa-Tour-Sieg seit zwei Jahren – trotz familiärer Unterstützung.

Die erste Saison des Golfprofis auf der PGA-Tour verlief enttäuschend. Auch auf der Links Championship in Schottland verpasste der Mettmanner seinen ersten Europa-Tour-Sieg seit zwei Jahren — trotz familiärer Unterstützung.

Es gab Momente in diesem Jahr, in denen Martin Kaymer an sich und seinem Spiel gezweifelt hat. Bei der Alfred Dunhill Links Championship in Schottland war das nicht der Fall. Dort strahlte der 28-Jährige mit Bruder Philip, Teamkollege in der Teamwertung, und Vater Horst, seinem Caddie, um die Wette. Zwar fehlten Deutschlands bestem Golfer am Ende vier Schläge zum Sieg, doch der siebte Platz ließ den Glauben, ein Turnier gewinnen zu können, wieder aufleben. Das ist nicht selbstverständlich. Denn Kaymers letzter offizieller Tour-Titel (Schanghai 2011) liegt fast zwei Jahre zurück.

Der 28-Jährige gehört schon länger nicht mehr zu den besten 30 Golfern der Welt. Derzeit belegt er Platz 41, im Europa-Ranking wird er an Position 33 geführt. Seit 2011 geht es für ihn noch schneller bergab als zuvor bergauf — und das ging schon äußerst zügig. Seine ersten internationalen Schlagzeilen machte Kaymer 2006, als er auf der drittklassigen Pro-Golf-Tour in Bayern eine 59er-Runde drehte. Kurz darauf gehörte der gebürtige Düsseldorfer, der auch Fußballprofi hätte werden können, zur Golf-Elite. Mit 25 Jahren war er Major- und Ryder-Cup-Sieger, wenig später die Nummer eins der Weltrangliste. Zehn Turniersiege haben den Mann, der sich auch in der Werbung einen Platz erobert hat, zum mehrfachen Millionär gemacht. Vielleicht zu viel für Kaymer, der heute sagt: "Es gibt Spieler, die sind schneller mit der Anpassung, andere brauchen länger." Es scheint unstrittig, zu welcher Kategorie er sich selbst zählt.

Kaum Hoffnungen auf Ryder Cup

In der derzeitigen Form kann sich Kaymer jedenfalls kaum Hoffnungen auf den Ryder Cup im nächsten Jahr machen. 2012 hatte er das Team Europa noch zum Sieg geführt. Doch der Versuch, seinen Schwung umzubauen und sein Spiel zu ändern, ist ein Prozess, der laut Kaymer "ein bisschen länger als erwartet dauert". In gewisser Weise hält diese Renovierung bis heute an. Seine erste Saison auf der PGA-Tour, der wichtigsten Golf-Tour der USA, lief alles andere als rund. "Ich bin relativ unzufrieden, die Erwartungshaltung und mein Anspruch sind einfach hoch", erklärte Kaymer erst kürzlich bei Sky. Bei 17 Turnieren kam er dreimal in die Top Ten, verdiente 883 000 Dollar Preisgeld.

Doch nicht nur die sportlichen Erfolge blieben aus. Die Krise nagte an dem Rheinländer, der sich selbst als "ganz normalen Typ" bezeichnet. Kurzerhand beschloss er deshalb, sich vor den Kameras einiges von der Seele zu reden. Ein ungewöhnlicher Schritt, für den sonst so stillen Deutschen. Vier, fünf Monate allein auf der Tour und in seinem US-Trainingsstandort Arizona zu sein, falle ihm extrem schwer. Er sehne sich nach dem "normalen Leben", der Möglichkeit, "abends nach Hause zu kommen und Wäsche zu waschen". Seinen Heimaturlaub vor dem Turnier in Schottland nutzte der 28-Jährige deshalb zur aktiven Regeneration: Rasenmähen im Garten seines Vaters in Mettmann, Champions-League-Gucken in München bei den Bayern und Bälle schlagen bei seinem Heimtrainer Günter Kessler. Alltägliche Dinge, die Deutschlands besten Golfer offenbar frei für das machten, was bei ihm über alles steht: sein Golfspiel.

"Ich will endlich wieder Spaß auf dem Platz haben", sagte er vor dem Turnier. Die Alfred Dunhill Links Championship, die an vier Tagen auf drei verschiedenen Plätzen ausgetragen wird, zählt zu Kaymers Lieblingsturnieren. 2010 konnte er die mit fünf Millionen Dollar dotierte Veranstaltung für sich entscheiden. Auf Facebook postete er Fotos von den schottischen Dünen-Golfplätzen und schrieb dazu: "Das ist Golf für jedermann. Schön, wieder hier zu sein!" Bei dem Wettbewerb gibt es eine Einzel- und eine Teamwertung zusammen mit einem Amateur. Kaymer nutzte das Turnier deshalb als Familienausflug: Bruder Philip (Handicap: plus 1) spielte am ersten Turniertag an seiner Seite, Vater Horst trug seine Tasche — und verfolgte mit, wie sein Sohn den Wettbewerb mit 269 Schlägen auf einem guten siebten Platz beendete. Erster wurde der Engländer David Howell (265).

In der europäischen Serie, die kurioserweise "Race to Dubai" heißt, will der Modellathlet Kaymer (1,84 Meter, 76 Kilogramm) im Dezember die Saison beenden. Vielleicht wird er am Ende endlich wieder erfolgreich vor Fans und Kameras in der Nähe des 18. Grüns stehen und erklären: "Das hat Spaß gemacht." Es wäre ihm zu wünschen.

(RP)
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