Düsseldorf Die dubiose Rolle der V-Leute

Düsseldorf · Sie sind eine der wichtigsten Quellen für die Verfassungsschützer – und geraten im Zuge der Ermittlungen gegen das ostdeutsche Neonazi-Trio zunehmend in die Kritik: die Verbindungsleute, kurz V-Leute. Bei den umstrittenen Informations-Zuträgern handelt es sich um echte Mitglieder der extremistischen Szene oder des organisierten Verbrechens, die von den Sicherheitsbehörden als Spitzel angeworben werden. Gesetzliche Grundlage für den Einsatz von V-Leuten sind die Verfassungsschutzgesetze des Bundes und der Länder. Ihren Dienst tun die Informanten für Geld, weil sie wegen eigener Straftat unter Druck stehen oder weil sie mit Angehörigen der Szene eine Rechnung begleichen wollen. Anders als verdeckte Ermittler sind V-Leute keine Angehörigen der Sicherheitskräfte.

Während Polizisten im verdeckten Einsatz keine Straftaten begehen dürfen, haben V-Leute häufig eine kriminelle Vergangenheit und sind deshalb für die Sicherheitsbehörden nur schwer zu kontrollieren. Ihr größter Vorteil ist zugleich ihr größter Nachteil: die Zugehörigkeit zum Milieu. Denn die Behörden können sich selten sicher sein, dass ein V-Mann zu 100 Prozent in ihrem Sinne arbeitet – sei es, dass er Sachverhalte aufbauscht, weil er nach gelieferten Informationen bezahlt wird, sei es, dass er weiter der Szene verhaftet ist und Fakten schönt, filtert oder nicht weitergibt. Möglicherweise auch, dass er als "Doppelagent" arbeitet und die Behörden gezielt falsch informiert.

Hinzu kommt ein weiteres Problem: Nach einer Reihe aufsehenerregender Gewalttaten Anfang 2000 beschlossen Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat, beim Bundesverfassungsgericht ein NPD-Verbot zu beantragen. Das Verbotsverfahren wurde im März 2003 jedoch eingestellt. Der erste NPD-Verbotsantrag scheiterte aus Verfahrensgründen. Grund war die Rolle der V-Leute. Die "massive staatliche Präsenz" im Bundesvorstand und in Landesvorständen der NPD beurteilten die Richter als "unaufhebbares Verfahrenshindernis". Die Karlsruher Richter fühlten sich düpiert, weil auch ein Teil des Belastungsmaterials auf den Aussagen von V-Leuten beruhte. Irritiert stellten sie fest, dass der Geheimdienst im einen Bundesland schlicht nicht über die V-Leute der Kollegen im Nachbarland Bescheid wusste.

Als Konsequenz müsste der Verfassungsschutz daher im Falle eines neuen Verfahrens wohl seine V-Leute in der NPD "abschalten" oder abziehen und würde sich damit selbst blind machen. Denn die NPD gilt als bestens überwacht, während das Problem im Fall der Zwickauer Zelle offenbar war, dass sie sich nicht auf dem Radar der Behörden befand.

(RP)
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