Politik streitet über neues NPD-Verbotsverfahren

Berlin/Leipzig (brö/qua) In Folge der Neonazi-Mordserie ist eine Debatte über ein neues NPD-Verbotsverfahren und den Einsatz von V-Leuten (Verbindungsleuten) ausgebrochen, die dem Verfassungsschutz zuarbeiten. "Die V-Leute sind zwielichtige Figuren", sagte Wolfgang Neskovic, für die Linke Mitglied im Parlamentarischen Kontrollrat. "Das sind keine Polizeibeamten, die undercover arbeiten, sondern die kommen aus dem Milieu." Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) erklärte hingegen: "Ein Abziehen der V-Leute würde bedeuten, dass wir kaum Informationen über das Tun und Handeln der rechtsextremen Szene erhalten würden, und das wäre fatal. Wir sollten darüber nachdenken, ein Qualitätsmanagement für V-Leute bundesweit zu implementieren."

Als weitere Konsequenz fordern führende Koalitionspolitiker ein neues Verbotsverfahren für die rechtsextreme NPD. Der CDU-Bundesparteitag beschloss einen entsprechenden Antrag gestern in Leipzig einstimmig. Darin fordert die CDU die Bundes- und Landesregierungen auf, die Taten der Rechtsterroristen aufzuklären, mögliche Mittäter zu fassen und noch bestehende terroristische Strukturen zu zerschlagen. Es müsse geprüft werden, ob sich aus den Ermittlungsergebnissen "Konsequenzen für ein NPD-Verbot ergeben", heißt es darin. "Wenn es gelingen kann, ein Verbot umzusetzen, bin ich dafür, dass wir den braunen Sumpf austrocknen", sagte Volker Kauder, Chef der Unions-Bundestagsfraktion.

Auch SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sprach sich für einen neuen Anlauf für ein NPD-Verbot aus: "Wir tun gut daran, dass wir jetzt ein NPD-Verbot noch mal prüfen. Es hat sich gezeigt: Es ist notwendig."

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, forderte eine grundlegend neue Einstellung gegenüber dem Rechtsterrorismus in Deutschland. "Jetzt nach der Mordserie an türkisch-muslimischen Kleinunternehmern — so hoffe ich — wacht Deutschland auf", sagte Mazyek unserer Zeitung. Im Schatten des 11. September 2001 sei einseitig ermittelt worden. "Der Rechtsterror konnte so gedeihen." Es habe genug Momente für eine Hinterfragung dieser Anti-Terror-Strategie gegeben, kritisierte Mazyek. Als Beispiel nannte er Wohnungsbrände in türkischen Häusern, Anschläge auf muslimische Gotteshäuser und den "islamfeindlichen Mord" an der Ägypterin Marwa E.

(RP)
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